Was tun gegen Wettkampfangst?

Manchmal macht die Freude darüber, sich für einen wichtigen Wettkampf qualifiziert zu haben, dem Lampenfieber Platz. Das kann so schlimm werden, dass man nächtelang nicht schlafen kann. Am Wettkampftag geht dann gar nichts mehr: Zittern, weiche Knie, der Magen dreht durch. Doch so weit muss es nicht kommen. Sportpsychologe Thomas Teubel erklärt im Interview mit Spreewild, wie man mit dem Stress vor Wettkämpfen umgehen kann.

Diplom-Psychologe Thomas Teubel ist selbst aktiver Rennradfahrer, Basketball- und Fußballspieler. Foto: privat.

Herr Teubel, viele Sportler haben vor wichtigen Wettkämpfen Lampenfieber. Was ist das eigentlich?
Lampenfieber ist im Grunde genommen ein Angstzustand, der uns vor möglichen Gefahren oder Bedrohungen warnt. Dieser Zustand tritt meistens kurz vor wichtigen Ereignissen wie z.B. Prüfungen auf. Im Sport spricht man hierbei auch von Wettkampfangst. Diese macht sich dann oft durch körperliche Veränderungen (das Herz rast, der Blutdruck steigt und die Muskeln verkrampfen) und durch spezifische Sorgen und Selbstzweifel bemerkbar. Im Extremfall kann es sogar sein, dass man vor der Situation wegläuft und gar nicht erst zum Wettkampf antritt. Im Normalfall hat dieser Erregungszustand aber auch etwas Gutes. Er lenkt die Aufmerksamkeit auf die Aufgabe und bereitet uns auf bevorstehende Anforderungen vor. Von daher ist ein bisschen „Lampenfieber“ auch ganz gut.

Haben junge Sportler mehr Lampenfieber als erfahrenere?
Das Alter der Sportler und die damit verbundene Erfahrung spielt sicher eine Rolle. Ältere Sportler haben oft in ihrer Karriere gelernt mit Druck und „Lampenfieber“ umzugehen. Sie wissen was zu tun ist und wissen auch, dass die Welt nicht unter geht, wenn es mal nicht so läuft. Das macht dann wiederum locker. Es gibt aber auch Sportler, die von ihrer Persönlichkeit sehr gelassen und unbekümmert sind. Das ist dann eine Eigenschaft, die man quasi mitbringt und von daher unabhängig vom Alter ist. Wer diese Fähigkeit nicht hat, kann den Umgang mit „Lampenfieber“ aber auch lernen.

Wieviel Aufregung ist leistungssteigernd? Wann beginnt sie, leistungshemmend zu wirken?
Wieviel Aufregung ein Sportler braucht, um in den sogenannten Wettkampfmodus zu kommen, kann sehr unterschiedlich sein. Einige Sportler wollen vor einem Wettkampf möglichst ruhig und entspannt sein, während andere die Aufregung und Anspannung brauchen, um gute Leistungen zu bringen. Dies ist auch von der Sportart abhängig. In einem Boxkampf muss man mit einem anderen Erregungsniveau gehen als in ein Mini-Golf-Turnier. Allgemein kann man aber sagen, dass eine mittelhohe Erregung leistungssteigernd ist. Zu wenig oder zu viel Aufregung ist eher leistungsmindernd. Wie beim Kochen darf weder zu wenig noch zu viel Salz am Essen sein. Dennoch gibt es Unterschiede in den Geschmacksvorlieben.

Wie kann man seine Wettkampfangst mental in den Griff bekommen?
Wie bei den meisten Ängsten muss man sich den angstauslösenden Reizen möglichst oft aussetzen. Der Wettkampf ist jedoch nicht simulierbar und der Zeitpunkt oft fremdbestimmt. Man kann diese Situation aber
auch in Gedanken vorbereiten und durchführen. Dem Gehirn ist es nämlich fast egal, ob es bestimmte Handlungen nur vorstellt oder sie tatsächlich ausführt. Diese Form der mentalen Vorbereitung macht man am besten in einem entspannten Zustand, z.B. abends kurz vorm Einschlafen. Man kann sich dann mit möglichst vielen Sinnen vorstellen wie man den Wettkampf erfolgreich bewältigt. So werden viele Abläufe automatisiert und man gewöhnt sich an die Situation. Somit stellt der Wettkampf keine Bedrohung mehr da und die Angst nimmt ab. Wichtig ist hierbei, wie beim körperlichen Training auch, dass man das mentale Training regelmäßig durchführt.

Wie wichtig sind Rituale, individuell und im Team?
Rituale sind für jeden Individualsportler aber auch für eine Mannschaft von zentraler Bedeutung. Sportler können dadurch besser mit Stresssituationen umgehen und Selbstsicherheit gewinnen. Typisch ist z. B. das Dribbeln des Balles vor dem Freiwurf beim Basketball. Dabei nimmt der Sportler sich eine kurze Auszeit, um sich noch einmal zu sammeln und voll zu fokussieren. Bei großer Aufregung hilft auch eine Atementspannung. Hierbei schließt man die Augen und atmet durch die Nase tief ein. Dabei kann man sich vorstellen wie man Energie und Kraft in sich aufsaugt. Beim langsamen Ausatmen durch den Mund kann man sich dann von allen Anspannungen lösen. In Teams geben gemeinsame Rituale auch das Gefühl von Zugehörigkeit und Zusammenhalt. Alle kommen noch einmal zusammen und motivieren sich gegenseitig. Das gibt ein gutes Gefühl und man kann sich gemeinsam dem Spiel stellen.

Vielen Dank für das Gespräch, Herr Teubel!

http://www.thomas-teubel.com/

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