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„Hey, mach die Augen auf“

Wie Jugendliche die Heimkehr nach Deutschland empfinden

Tausende Ersties beginnen dieser Tage ihr Studium. Eine große Umstellung – insbesondere für jene, die vor kurzem noch durch die Welt gereist sind. Unsere Jugendredakteure verraten wie es ist, nach einem Auslandsaufenthalt nach Deutschland zurückzukehren.

Josephine Valeske, 19 Jahre: Wie es ist, nach einem Jahr in Deutschland wiederzukommen? Grau, leer, unfreundlich. Das ist Deutschland auf den ersten Blick. Nach einem Jahr in Delhi kommt mir die Straße, in der ich 15 Jahre lang gewohnt hatte, doppelt so breit und dunkel vor. Aber die Bäume sind auch viel grüner, der Sauerstoffgehalt der Luft gefühlte 200 Prozent höher. Ich versuche, beim Brötchenkauf über den Preis zu verhandeln, ignoriere rote Ampeln und vermisse die kleinen Straßenstände mit billigen, frischen Saft. Die ersten, äußeren Impressionen Berlins lösen in mir zwiespältige Gefühle zwischen Wiedersehensfreude und Vermissen aus. Auf die Frage, ob ich froh bin, wieder hier zu sein, fehlt mir noch immer die Antwort.

Sophie Heusch, 20 Jahre: Nach dem Abitur ging ich für anderthalb Jahre als Au-pair in die USA. Nun bin ich zurück und erlitt den typischen Kulturschock. Bereits jetzt fehlt mir die Bequemlichkeit des amerikanischen Lebens: lange Geschäftszeiten, Drive Thrus, gratis Wasser in jedem Restaurant oder spontan auf einen Roadtrip zu gehen. Doch am meisten überrumpelte mich die deutsche Mentalität. Die überfreundliche Art der Amerikaner und die vielen spontanen Smalltalks, die mir regelmäßig den Tag versüßten, fehlen mir hier sehr. Es war schön zu sehen, wie freundlich man auf den Straßen miteinander umging. Wenn ich mit jemandem zusammenstoße, höre ich nun mal lieber „Excuse me“ statt „Hey, mach die Augen auf“.

Anna Specker, 19 Jahre: Freude und Trauer lagen bei meiner Heimkehr nach meinem Work & Travel-Aufenthalt in Neuseeland nah beieinander. Das Fernweh ist nach einer solch aufregenden Reise gigantisch. Ich denke oft sehnsüchtig an die Zeiten zurück. Zugleich genieße ich, wieder mit meiner Familie und Freunden vereint zu sein. Ich durfte viele Erfahrungen sammeln, etwa, wie friedlich verschiedenste Kulturen miteinander leben können. Am nachhaltigsten jedoch hat sich die Mentalität der Neuseeländer auf mich ausgewirkt. Alle waren so freundlich und hilfsbereit, hatten immer ein Lächeln im Gesicht. Hoffentlich kann auch hier einige mit dieser Unbeschwertheit anstecken.

Brasilien, Australien, USA: Die Heimat fühlt sich nach einem ausgiebigen Bummel durch die Welt oft ungewohnt fremd an. Foto: Africa Studio/FOTOLIA
Brasilien, Australien, USA: Die Heimat fühlt sich nach einem ausgiebigen Bummel durch die Welt oft ungewohnt fremd an.
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Tom Herrnsdorf, 19 Jahre: Meine Rückkehr nach mehr als einem Jahr Kanada in die gewohnte Heimat verlief recht reibungslos. Alles schien vertraut, wenn auch ungewohnt. Familie und Freunde machten mir es leicht, mich schnell wieder einzuleben. Am meisten fehlt mir der spontane Smalltalk an der Kasse oder im Bus, wo man sich nach deinem Befinden erkundigt. Ja, auch die Deutschen sind freundlich, aber nicht so wie die Kanadier. Außerdem schien in Kanada alles unkomplizierter oder unbürokratischer.

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