Prominent gefragt: Bettina Jarasch

Bis vor Kurzem hätte man sich die Piraten mit Internet-Affinität wohl so vorgestellt. Foto: Fotolia/Noam

Bettina Jarasch fragt die Jugendredaktion: „Was ist das Spannende an der Piratenpartei: die Netzpolitik, die Glaubwürdigkeit oder einfach die Tatsache, dass sie noch keine etablierte Partei ist? Und wenn es die Glaubwürdigkeit ist: Wie müssen PolitikerInnen sich verhalten, um glaubwürdig zu sein?“


Die Jugendredaktion antwortet: Sehr geehrte Frau Jarasch, Sie hätten diese Frage zu keinem besseren Zeitpunkt als jetzt stellen können, kurz nach dem Abgang unseres Ex-Staatsoberhauptes Christian Wulff. Was ihm fehlte ist genau das, womit die Piraten werben und wofür sie immer wieder belächelt werden: Transparenz.


Ich behaupte nicht, dass Wulff, hätte er sofort die ganze Affäre aufgedeckt, Bundespräsident geblieben wäre. Aber sein Rücktritt wäre weniger lächerlich und peinlich gewesen. Zum Vergleich: Als bekannt wurde, dass in der Piratenpartei ehemalige NPD-Mitglieder aktiv mitarbeiten, wurden alle verfügbaren Informationen darüber von der Partei im Internet veröffentlicht. Kurze Zeit später hatte sich die Empörung gelegt.


Natürlich bringt Transparenz nichts, wenn nicht auch Inhalte dahinter stehen. Man kann den politischen Zielen der Piratenpartei beim Wachsen zusehen wie Blumen im Frühling und die Hoffnung ist groß, dass diese auch umgesetzt werden. Genauso groß ist die Freude über die Ehrlichkeit: Statt sich mit Ausreden zu blamieren, geben die Piraten ehrlich zu, wenn sie zu einem Thema noch keine Position erarbeitet haben. Dieser Prozess der Themenfindung und Orientierung im Labyrinth der Politik schafft Identifikation, weil gerade junge Menschen sich auch erstmal einen Überblick verschaffen müssen. Außerdem sieht man den Piraten den Spaß an der Sache an: Es geht nicht darum, im Amt zu bleiben oder um jeden Preis wiedergewählt zu werden, statt dass Inhalte von den aktuellen Meinungstrends abhängig gemacht werden, werden sie erarbeitet und dann vertreten. Die Netzpolitik ist dabei nur eines von vielen Themen, aber gerade für uns junge Leute ein sehr wichtiges.


Man kann die Piraten ein bisschen mit Ihrer Partei, den Grünen in ihrer Anfangsphase vergleichen: Ein Hauptthema (bei den Grünen war es die Umweltpolitik), nicht so viel Ahnung, ein bisschen Querdenken und Kreativität und Unangepasstheit im eingefahrenen Politikbetrieb. Um zurück zur Frage zu kommen: Was den anderen Parteien abhandengekommen ist, ist Ehrlichkeit. Und das Hinter-seiner-Meinung-Stehen, das sich auch darin ausdrückt, dass man nicht um jeden Preis an der Macht festhält und nicht Koalitionen mit eigentlich offensichtlichen Interessensgegnern eingeht. Werte, die sich „erwachsene“  Parteien erst wieder erarbeiten müssen, zum Beispiel durch Transparenz.


Ihre Josephine Valeske, 15 Jahre


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Kategorien Politik

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