Mehr Geld allein genügt nicht für Entwicklungshilfe

Laura Harmsen ist vom deutschen Konzept der Entwicklungshilfe nicht überzeugt. Foto: Privat

Von Laura Harmsen, 22 Jahre


In der vergangenen Woche haben verschiedene Hilfsorganisationen die Bundesregierung dafür kritisiert, sie würde ihre Versprechen in der Entwicklungspolitik nicht halten, indem sie zwei Milliarden Euro zu wenig in die Entwicklungshilfe investiere. Tatsächlich sieht es aus, als würde das Entwicklungsministerium die fest eingeplante Summe nicht zahlen wollen. Allerdings scheitert die internationale Entwicklungshilfe meiner Meinung nach nicht nur an den fehlenden zwei Milliarden Euro, sondern auch daran, dass ihr Gesamtkonzept nicht stimmt: Wir legen eine Summe fest, die in Richtung ärmerer Staaten fließen muss, dann ist unser Gewissen beruhigt. Oder wir packen unsere Koffer und gründen woanders eine Hilfsorganisation, um dort die Welt zu retten. Ziemlich anmaßend. Wer entscheidet, was entwickelt bedeutet?


Wir wissen alles besser


Wir bezeichnen unsere westlichen Länder nicht als Entwicklungsländer, also sind unsere Länder entwickelt. Sie gelten als Ideal zu dem sich die „Entwicklungsländer“ auch entwickeln, oder besser gesagt, entwickelt werden sollen. Wir gehen in ein Land wie früher Kolonialisten und Missionare und zeigen denen mal, wie man das macht, wie man lebt, wie man wirtschaftet. Denn wir glauben, es besser zu wissen. Dabei werden meist doch nur Symptome bekämpft, statt nachhaltig etwas zu verändern. Aber mal angenommen, es funktioniert und am Ende entwickeln sich alle Länder zu Industrienationen wie unsere. Dann frage ich mich, wie es weitergehen soll. Wie unsere Verschwendungssucht, der Rohstoffverbrauch und die Umweltverschmutzung von anderen Ländern übernommen werden sollen, ohne dass wir uns selbst auslöschen.


Es wird gern auf andere gezeigt und gesagt, das Regime sei schrecklich, Kinder würden verhungern, der Regenwald würde abgeholzt. Und dann pumpt man ein bisschen Geld in das Land, das zu großen Teilen in den falschen Taschen landet, und nennt das Entwicklungshilfe. Diktatoren werden akzeptiert oder gar unterstützt. Viele Probleme sind erst dadurch entstanden, dass wir in Regionen einfielen, sie eroberten, unterwarfen, versklavten, Konflikte säten, um zu herrschen und uns rücksichtslos an Rohstoffen zu bedienen. Man könnte also sagen, wir haben hier etwas wiedergutzumachen. Aber wie?


Den Betroffenen Gehör schenken


Wir müssen zunächst auf unsere „entwickelten Länder“ schauen und unsere Art zu leben und zu wirtschaften überdenken, die mit dazu beitrug, dass Entwicklungshilfe überhaupt erst nötig wurde. Menschen, die unter Armut, Unterdrückung oder Katastrophen leiden, wissen selbst, was ihnen fehlt. Und viele organisieren sich, um ihre Lebensumstände zu verbessern. Was wir ihnen bieten können, sind internationale Unterstützung, um ihre Sicherheit zu gewährleisten und ein gewisses Fachwissen auf vielen Gebieten. Doch wir haben nicht das Recht, uns aufzudrängen oder anzunehmen, wir wüssten alles besser. Genug Aktivisten aus den so genannten Entwicklungsländern kommen auf Hilfsorganisationen zu und bitten um Unterstützung. Ich habe nicht die ultimative Lösung, doch ich denke, es ist wichtig, die Unterstützung zu gewähren, die die betroffenen Menschen sich wünschen, damit sie selbst entscheiden können, was für eine Veränderung sie wollen. Das zumindest ist meine Vorstellung von alternativer „Entwicklungshilfe“.

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