Von Marie-Sophie Röder, 19 Jahre
Fliegende Steine, aggressive Demonstranten, blutige Straßenschlachten – wohl jeder Berliner hat ähnliche Bilder im Kopf, wenn er an den 1. Mai denkt.
1987, als es in Kreuzberg erstmals zu bis dahin ungekannten Ausschreitungen Linksextremer kam, war die rohe Gewalt Ausdruck politischer Unzufriedenheit. Heute wird der Tag der Arbeit als „Kampftag“ missbraucht, Demonstranten fühlen sich geradezu berechtigt, auf Polizei und Passanten einzuprügeln. Aus politischen Gründen gehen inzwischen die wenigsten auf die Straße, Motiv ist eher der Spaß an der Gewalt.
Dass diese Ausschreitungen ganz und gar nicht im Sinne des Feiertags sind, scheint in Berlin erst in den letzten Jahren allmählich angekommen zu sein. Ein Auf und Ab der Gewalt ist in den letzten Jahren zu verzeichnen, gespannt wird der morgige Erste Maitag erwartet. Dass die Gewalt zumindest nicht mehr selbstverständlich ist, lässt hoffen.
Dennoch stellt sich die Frage, warum Berlin mit dem Gewaltproblem allein dasteht. Andere Städte verstehen es, den Tag friedlich zu begehen. Es scheint geradezu so, als würden die Straßenkämpfer als Teil der Berliner Stadtkultur angesehen. Dass dies jedoch nicht die Vorstellung aller Berliner ist, zeigen alternative, friedliche Straßenfeste, die in den letzten Jahren glücklicherweise immer stärkeren Zulauf erfahren.
Bewusst treten Berliner dort gegen die gewalttätige Begehung des 1. Mai ein. Stattdessen wird, wie etwa in den letzten Jahren auf dem Heinsestraßenfest in Reinickendorf, friedlich in den Mai getanzt. Dort wird der 1. Mai von den Besuchern als Sommeranfang gefeiert und nicht für gewalttätige Ausschreitungen missbraucht. Eine Innovation, die hoffentlich in Zukunft von vielen Bezirken Berlins aufgegriffen wird. Denn Berlin hat so viel zu bieten – Straßenschlachten als Teil unserer Stadtkultur zu etablieren, haben wir wirklich nicht nötig.
Was macht ihr am 1. Mai – feiern oder demonstrieren?