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Bühnenprobe: Theater o. N. „Ansichtskarten von gestern nach morgen“

Die sieben Mädchen in dunklen Anzügen stellen einen Wald dar. Eine schlüpft durch die Bäume hindurch und stellt sich, etwas außer Atem, vor dem Publikum auf: „Der Wald ist der sichere Hafen der Befreiung.“ Diese Aussage stammt aus dem Interview mit dem Holocaust-Überlebenden Aron Bell, dessen Erinnerungen in dem Theaterprojekt „Ansichtskarten von gestern nach morgen“ verarbeitet werden.

Hinter diesem Projekt stehen neben den Schülerinnen der Ernst-Haeckel-Oberschule das Theater o. N. und die Theatercompagnie spreeagenten. Deren Mitbegründerin Susanne Chrudina führt Regie, ihre Kollegin Branka Pavlović, deren vorherige Arbeit mit den Zeitzeugen-Interviews der Anstoß war, kümmert sich um die Videoeinspielungen. Der Kontakt zu den Schülerinnen ist durch deren Lehrerin entstanden: „Wir waren schon vorher im Theaterkurs und konnten uns dann bei Frau Gierig melden“, erklärt eine von ihnen. Auch im weiteren Verlauf haben Lehrerin und Schule das Projekt nach besten Mitteln unterstützt.

Bis zum eigentlichen Stück war es jedoch ein langer Prozess: Aus insgesamt 24 Zeitzeugen wählte zunächst jede Teilnehmerin eine Geschichte, die sie darstellen wollte. Es folgten die intensive Beschäftigung mit den Interviews, die Auswahl der Szenen sowie Einzelgespräche mit der Regisseurin und Improvisationsübungen. Auch die Kostüme mussten entwickelt werden: „Etwas Neutrales“ sollte es laut dem Ausstatter sein, das sowohl zum Bühnenbild als auch zu den Geschichten passt. Das Ergebnis erinnert bewusst an Arbeits- oder Sträflingskleidung. Was denn der schwierigste Teil gewesen wäre? „Die Szenen zu entwickeln“, meint Samantha, eine der Darstellerinnen. Bei manchen Aussagen sei ihnen ein kalter Schauer über den Rücken gelaufen.

Der Umgang mit Zeitzeugen und ihren Geschichten steht im Mittelpunkt des Projekts. Susanne Chrudina formuliert es als Frage: „Wer gibt Zeugnis?“ Viele der Zeitzeugen sind bereits verstorben. Daher gehöre es zur Aufgabe neuer Generationen, deren Geschichten auf ihre Art weiterzugeben und vor dem Vergessen zu bewahren. Ob sie abschließend noch etwas sagen wolle? „Diese Truppe ist ein Glücksfall.“

Julia Womser, 24 Jahre

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Kategorien Kultur Theater

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