Ein wohlwollender Tritt in den Hintern


von Paula Radl


Die Dokuserie „Comedy Mission" begleitet Murat Topals (oben rechts) Theater-Projekt mit Jugendlichen aus Neukölln, Kreuzberg und Wedding. Foto: ZDF/ Katja Renner

Inspiriert von „Romeo und Julia“: Comedian Murat Topal macht mit sozial benachteiligten Jugendlichen Theater


Um es künstlerisch zu etwas zu bringen, ist eine schwere Kindheit die beste Voraussetzung. Dieser Zusammenhang wird zumindest in den gängigen TV-Casting-Formaten vermittelt. In rührenden Einspielern erzählen dort die Kandidaten von ihren Schicksalsschlägen, bevor sie auf die Bühne treten, um einen Song zu covern. Ganz im Gegensatz dazu kann man in der Dokureihe „Comedy Mission“ sehen, wie ein schwieriger sozialer Hintergrund beim Versuch, einen eigenen Ausdruck zu finden, im Weg stehen kann.


Sherry, Hervé, Senija, Nick, Ayman und Rob sind die sechs Protagonisten der „Comedy Mission“, die am Freitag auf zdf.kultur anläuft. Sie alle haben unterschiedliche Erfahrungen mit Gewalt, Diskriminierung und Vernachlässigung gemacht. Innerhalb von nur vier Wochen hat die Gruppe, deren Besetzung nicht durch Castings, sondern durch Vorschläge sozialer Jugendeinrichtungen zustande kam, unter der Leitung von Komiker Murat Topal eine Comedy-Adaption von „Romeo und Julia“ eingeübt und in der Berliner Ufa-Fabrik aufgeführt.


Das Stück wurde mit den Ideen der Teilnehmer und inspiriert von deren Biografien entwickelt. Dabei ging es nicht immer harmonisch zu: Zu Beginn waren einige in der Gruppe unglücklich mit der Rollenverteilung. „Die größte Herausforderung war, jeder Figur den Raum zu geben, den sie verdient“, erklärt Murat Topal. Der Comedian ist selbst in Neukölln aufgewachsen und hat nach der Schule zunächst zehn Jahre als Polizist in Kreuzberg gearbeitet. „Für einige war es schon schwer, überhaupt jeden Tag zu den Proben zu kommen. Aber während der Arbeit konnten die Jugendlichen lernen, sich auf ihre eigenen Fähigkeiten zu verlassen.“


Rapper Azad (links) mit den Teilnehmern Ayman und Rob. Foto: ZDF/ Katja Renner

Den Part des Romeo spielt der 
18-jährige Hervé. Er kommt aus Kamerun und ist nach dem Tod seiner Eltern als Flüchtling nach Deutschland gekommen. „Am Anfang gingen die Proben nicht so gut voran“, sagt er. „Irgendwann haben wir aber kapiert, dass wir zusammenhalten müssen, wenn wir den Auftritt gut machen wollen.“


Ob dies gelungen ist, kann man ab Freitag im Fernsehen verfolgen. Es wird gesungen und getanzt – prominente Gäste wie der Rapper Azad, Frank Dellé von Seeed und der Comedian Bülent Ceylan unterstützen die Jugendlichen bei ihren Parts. Im Zuge der Proben haben Hervé, Ayman und Rob sogar einen eigenen Song produziert.


Für Murat Topal kam es bei dem Projekt vor allem darauf an, Vertrauen aufzubauen. „Die Jugendlichen haben gemerkt, dass es in ihrem eigenen Interesse ist, an einer Sache dranzubleiben – der eine mehr, der andere weniger. Manche brauchen einfach jemanden, der ihnen wohlwollend in den Hintern tritt.“



„Comedy Mission“: ab dem 13. Mai immer freitags um 21 Uhr auf zdf.kultur.

Das könnte Dich auch interessieren

Kategorien Kultur Lifestyle Politik Schule & Zukunft

Auf spreewild.de berichten wir über alles, was uns bewegt – über Schule, Politik und Freizeit, Liebesglück und -kummer oder den Schlamassel mit der eigenen Zukunft. Wir bieten Hintergrundgeschichten zu den Artikeln, die wir auf der Jugendseite veröffentlicht haben, stellen Fotos und Videos ins Netz. Dazu gibt es die Fotoserien der Jugendredaktion, Musik-, Buch- und Filmbesprechungen sowie all die Fragen, die uns die Prominenten jede Woche stellen.