Merkel und Schulz
Was ist mit der Jugend?

TV-Duell Merkel vs. Schulz: Die Jugend wurde leider vergessen

Jessica hat sich das TV-Duell angesehen, aus junger Perspektive. Leider hat sie nicht das Gefühl, dass sich einer der Kanzlerkandidaten für die interessiert. Schade.

Jessica Schattenberg, 18 Jahren

Tatsächlich kam mir das TV-Duell seichter vor, als erwartet. Eher wie eine kleine Ehediskussion am Abend. Mutti Merkel und Vati Schulz müssen vor den Nachbarn klären, wer im Haushalt und im Alltag die Hosen an hat. Natürlich hat Mutti da die Nase vorn gehabt, schließlich führt sie den Laden schon seit ein paar Jahren, wohingegen Papi sich ja die vergangenen Jahren in Europa herumgetrieben hat.

Aber so verdient war der Gewinn nicht. Die angeschnittenen Themen waren wichtig, aber inhaltlich nicht gut geklärt. Beispielsweise ist es schön, dass Mama keine Ehe mit 70 einführen will. Das ist aber wie: „Keine Sorge, Kind, wir gehen im Urlaub nicht wandern.“ Dass wir ans Meer reisen oder generell Urlaub machen, ist ja nicht gesagt.

„Ich fühle mich vergessen.“

Mich würde aber eher interessieren, was sie zu tun gedenkt, dass ich eines Tages überhaupt mal Rente bekomme! Sie beide denken gerade nur daran, den Wahlkampf und ihre Karriere für die nächsten vier Jahre zu sichern. Aber Eltern haben die Aufgabe, langfristig an die Zukunft ihrer Zöglinge zu denken. Und Hallo? Ich bin hier der Teenager! Ich brauche die Aufmerksamkeit! Beim Thema Bildung habe ich mich zum Abi hin schon ziemlich allein gelassen gefühlt, aber jetzt fühle ich mich vergessen.

Was wollt ihr denn in Bezug auf eure Schützlinge überhaupt in den nächsten Jahren machen? Das kam nicht wirklich raus. Was ist mit der Digitalisierung? Was macht ihr, damit meine Daten im Netz sicher sind? Oder bleibt das Internet noch das böse schwarze Etwas? Was ist mit der Bildung? Unzähle Arbeitsplätze werden in den kommenden Jahren duch Maschinen ersetzt. Was mache ich dann in 20 Jahren? Und wovon lebe ich? Was macht ihr, damit meine Welt nicht in Abgasen untergeht? Was macht ihr, um meine EU zu sichern? Was macht ihr, damit ich niemals einen Krieg erleben muss, vor allem nicht Opfer verrückter Regierungschefs oder Terroristen werde? Und der schöne Begriff „soziale Sicherheit“ war jetzt auch eher Deko. Man, man, man. Mutti war mutig in der Flüchtlingsproblematik und realisiert, dass das vielleicht ein wenig voreilig war. Papi findet das falsch, gibt ihr aber im Endeffekt wieder Recht. Wie immer. Papa, sagmal bist du eigentlich Mann oder Maus? Vor dem Duell befürchtete ich, bald alleinerziehende Tochter zu sein. Jetzt liegen sich hier alle glücklich in den Armen. Aber ich darf nur zuschauen.

Zum Glück hat gestern jeder sein Fett wegbekommen. Onkel Erdogan, den Vati nicht mehr leiden kann. Und der böse Nachbar Donald, der Muttis Rosen zertrampelt und meine Fußbälle zersticht, wenn sie auf sein Grundstück kullern. Gefährlich sind nicht seine emotional gelenkten Handlungen und der Fakt, dass er über eins der stärksten Militärs und Atomwaffeneinsätze entscheidet. Nein, seine Tweets sind die wahre Bedrohung, wie Vati gut erkannt hat.

Warum habe ich eigentlich das Gefühl, dass sich die ganze Familienkonstellation ein wenig verändert hat? Seit wann kauft Mutti Süßigkeiten, wenn Papa vorher „Nein“ sagte? Seit wann ist Mutti die soziale, verständnisvolle und Vati konservativ? Ich komme hier echt nicht mehr mit. Aber zumindest hat sich der Wirbel wieder gelegt. Erst befürchtete ich, dass eine Paartherapie angebracht wäre. Aber ihr habt das ja prima im Griff. Immerhin habt ihr euch allgemein meist gegenseitig zugestimmt, sodass das Regierungs-Familenleben wieder gerettet sein sollte. Alle haben sich lieb. Nur was in der nächsten Legislaturperiode passieren wird und wer am 24. September für seine Partei verdient die Kreuzchen erhält, das ist genauso unklar, wie zuvor.

Foto: dpa

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Statt Netflix verfolge ich Konzerte. Ich (20 Jahre) brauche keine Sojamilch, sondern guten Kaffee. Mein Yoga ist es, auf viel zu vielen Hochzeiten gleichzeitig zu tanzen. Dabei ist der Eisbär mein Patronus, den meine Eltern mir mit sieben Jahren einfach nicht als Haustier erlaubten. Aber wenn eine Idee von der Außenwelt für verrückt erklärt wird, dann muss sie erst recht verwirklicht werden, und eben jene Personen mit Mut und außergewöhnlichen Gedanken sind es, von denen die Welt wissen sollte. Was kann ich da sinnvolleres tun, als für Spreewild zu schreiben? Die Verhandlungen um den Eisbären laufen jedenfalls weiter.