Praktikanten fallen durch das soziale Netz

Von Josephine Valeske, 17 Jahre

Unter einer Ausbildung versteht man normalerweise einen Lernprozess, der die Entwicklung voranbringt. Also Schule, Ausbildung, Nebenjobs, Studium – und Praktika. Anders sieht das anscheinend die Arbeitsagentur. Ausbildung ist dort nur das, auf dem auch „Ausbildung“ draufsteht. Also keine Praktika. Die sind für die Agentur zwar ein Grund, einen Antrag auf Arbeitslosengeld abzulehnen. Schließlich steht man dem Arbeitsmarkt ja nicht zur Verfügung. Aber als Bildung werden sie offensichtlich nicht angesehen.

Zumindest gewann ich diesen Eindruck bei einem Telefonat, das ich vergangene Woche mit der Familienkasse führte, bei der man das Kindergeld beantragt. Es ist nämlich so, dass ich seit dem vergangenen Sommer bei verschiedenen Firmen als Praktikantin gearbeitet habe und nur weiter Kindergeld bezog, weil ich noch nicht volljährig war. Das ändert sich im Juni. Ab September werde ich Freiwilligenarbeit leisten, die „kindergeld­unschädlich“ ist. Es bleibt aber zwischen Juni und September eine Lücke von zwei Monaten. Deshalb soll mir das Kindergeld gestrichen werden.

Nach vielen Briefen ist mir klar geworden, dass ich alles falsch mache: Ich arbeite im Praktikum Vollzeit, bilde mich aber nicht offiziell weiter. Ich suche weder eine Ausbildung noch eine Arbeit, müsste mich aber ausbildungs- oder arbeitssuchend melden, um Geld zu bekommen. Ich habe, logisch gesehen, einen Anspruch auf Kindergeld – aber nicht gesetzlich. Ich bin kein Einzelfall, das Problem betrifft alle Jugendlichen in meiner Lage.

Es ist scheinheilig, einerseits mehr Eigeninitiative bei der Bildung von Jugendlichen zu fordern, sie aber andererseits dafür zu bestrafen. Inzwischen gibt es so viele Wege, sich nach dem Schulabschluss zu bilden – auch die offiziellen Stellen sollten endlich in der Gegenwart ankommen und individueller entscheiden.