Und der Goldene Affe geht an …

Zum fünften Mal vergibt die Jugendredaktion der Berliner Zeitung den Goldenen Affen. Foto: Raufeld/Heil

So beliebt wie gefürchtet: Die Jugendredaktion vergibt den Preis für die peinlichsten Verfehlungen 2011



Was lagen wir uns wieder in den Haaren bei der Entscheidung über die Gewinner der diesjährigen Goldenen Affen. Mögen uns all jene verzeihen, die ganz genau wissen, dass sie auch einen verdient hätten, leider aber dieses Jahr leer ausgehen. Aber nun, festliche Stimmung angeknipst, den Scheitel noch einmal glattgestrichen, Trommelwirbel: Der Goldene Affe 2011 geht an …




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… Ronald Pofalla (CDU): Alle Jahre wieder fragen sich die von uns ausgezeichneten Promis: „Hat diese Jugendredaktion denn überhaupt kein Gewissen, dass sie mir diesen Schmähpreis verleiht?“ Ihnen allen möchten wir in diesem Jahr à la Ronald Pofalla (CDU) antworten: „Gewissen? Wir können diesen Scheiß nicht mehr hören.“ Denn im Streit mit seinem Parteifreund Wolfgang Bosbach um die Abstimmung zum Eurorettungsschirm hat der Kanzleramtsminister die Gossensprache salonfähig gemacht. Dafür danken wir ihm, vor allem weil er alle piekfeinen Nachrichtensprecher der Republik dazu gebracht hat, im deutschen Fernsehen zur besten Sendezeit das Zitat in die Kameras zu sprechen: „Ich kann deine Fresse nicht mehr sehen.“ Zur Belohnung, lieber Ronny, schmeißen wir dir hiermit – natürlich nur im übertragenen Sine – eine unserer begehrten Trophäen in selbige. (Laudator: Vivian Yurdakul, 22 Jahre)




… die Chefredakteure des Medienhauses Hubert Burda Media: Die Jury, die jedes Jahr den Bambi vergibt, darf sich nun selbst über einen Preis freuen. Grund dafür ist die Verleihung des Integrationsbambis an Bushido. Denn einen Rapper, der durch menschenverachtende Texte auf sich aufmerksam gemacht hat und den vorrangig Leute hören, die an menschenverachtenden Texten Freude haben, als Integrationsvorbild darzustellen, macht keinen Sinn. Es ist schön für Bushido, dass er einen guten Weg in die Gesellschaft gefunden hat. Auch wenn die Frage erlaubt sein muss, wie viel Wert es hat, wenn man sagt, dass man sich verändert hat, aber weiterhin Geld mit den alten Verfehlungen macht. Dennoch, jeder Neuanfang verdient Respekt. Aber dafür muss man nicht gleich einen Preis bekommen. Zumal es so viele Menschen gibt, die ihn viel eher verdient hätten. (Laudator: Jaromir Simon, 19 Jahre)


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… Silvana Koch-Mehrin (FDP): Wer wie die Europaabgeordnete auch in diesem Jahr wieder als Vollmitglied des Petitionsausschusses auf ihre dortige Anwesenheit gänzlich verzichtet hat, die eigene Doktorarbeit aus Plagiaten zusammensetzt und gegen den Entzug des Titels trotz zahlreicher Nachweise rechtlich vorgeht, der kommt bei uns selbstverständlich in die ganz enge Auswahl für den Goldenen Affen. War es Amtsmüdigkeit, Frau Koch-Mehrin? Oder einfach kein Interesse an den Belangen Ihrer Wähler? Schließlich werden im Petitionsausschuss Anliegen der Bürger behandelt. Aber das Mandat niederlegen wollen Sie ja trotzdem nicht. Das verstehen wir: Ein Gehalt für den Posten einer Europaparlamentsabgeordneten von 8 000 Euro brutto, 4 300 Euro allgemeiner Kostenpauschale sowie Tagesgelder für Sitzungstage von je rund 300 Euro sind doch viel zu schön, als dass man jetzt so schnell darauf verzichten würde. Vielleicht könnte ein Goldener Affe den Verlust ausgleichen, und Sie gehen dennoch? (Laudatorin: Lisa Opolka, 16 Jahre)



… Lars von Trier: Was macht ein Künstler, der mit fast all seinen Filmen international Preise abräumt? Er scherzt bei den Filmfestspielen in Cannes vor der Presse über sein Verständnis für Adolf Hitler, bezeichnet Israel als „pain in the ass“ und treibt das Ganze mit dem ironischen „Okay, I’m a Nazi“ auf die Goldene Palme. Schon darf er als Persona non Grata nach Hause fahren und hat erstmal seine Ruhe vor einem weiteren Preis. Gekündigte Verträge israelischer und argentinischer Filmverleiher und eine Anklage wegen Verharmlosung von Kriegsverbrechen nimmt er dafür gern in Kauf. Dänischer Humor hin oder her: Dem Regisseur und seinem Hobby, der Provokation, mussten Grenzen gesetzt werden. Wer meint, mit plumpen Nazisympathiebekundungen auf sich aufmerksam machen zu müssen, ist peinlich. (Laudator: Jakob Saß, 21 Jahre)


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… Karl-Theodor zu Guttenberg: Für diese Laudatio bedurfte es keiner Aufforderung, und sie gab es auch nicht. Meine von mir verfasste Laudatio ist kein Plagiat, und den Vorwurf weise ich im Vorhinein mit allem Nachdruck von mir. Sie entstand über etwa 20 Minuten neben meiner studentischen und redaktionellen Tätigkeit als junger Familienangehöriger. Oh, kann ich nochmal? Ist das live gewesen jetzt gerade? Nein? Ok, ’tschuldigung. Ist möglich, oder? War nicht live, ok. Na, ein Glück ist es bei dieser aufgeschriebenen Rede leichter, sich noch einmal zu korrigieren, als bei der verholperten Stellungnahme, die im Februar dieses Jahres von dem Mann abgegeben wurde, dem zu Ehren wir sie halten. Karl-Theodor zu Guttenberg hat in diesem Jahr eigentlich gleich zwei Goldene Affen verdient. Einen für die freche Täuschung im Zusammenhang mit seiner Doktorarbeit und den Umgang damit und einen für den fast noch dreisteren Comebackversuch nach nur einem Dreivierteljahr. Das Werk ist wohl ähnlich lesenswert wie Guttenbergs Dissertation. Mit durchlauchten Grüßen macht sich unser Goldener Affe auf den Weg in die USA, wo Guttenberg die Peinlichkeiten wohl auszusitzen plant. (Laudator: Vivian Yurdakul, 22 Jahre)


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… Charlie Sheen: Niemand glänzte in diesem Jahr derart mit niveaulosen Ausrutschern. Er war ja schon in vergangenen Jahren als Frauenverprügler, Verschwörungstheoretiker und Ehemann aufgefallen, der seiner Gattin mal eben aus Versehen in den Arm schießt. Nach dem Rausschmiss bei der erfolgreichen Sitcom „Two and a Half Men“ wegen wiederholten Drogen- und Alkoholeskapaden zweifelte aber wohl auch der letzte an seinem Verstand. Offenbar fühlte sich Sheen jedoch nicht unwohl in seiner Rolle. Auf die Spitze trieb er es, als er den US-Sender ABC zu einem Interview zu sich nach Hause einlud, wo er mit zwei Pornodarstellerinnen zusammenlebte. Zugedröhnt und mit rücksichtsloser Offenheit prahlte Sheen geradezu mit seinem Drogenkonsum und seinem aggressiven Verhalten. So ein Affe hat Selbigen in Gold verdient. (Laudatorin: Milena Pfennig, 15 Jahre)



… den Verfassungsschutz: Alle Bestrebungen, die die freiheitlich-demokratische Grundordnung, die Sicherheit oder die auswärtigen Belange Deutschlands gefährden oder gegen das friedliche Zusammenleben der Völker gerichtet sind, soll das Bundesamt für Verfassungsschutz beobachten. Zum Beispiel also eine rechtsextreme Terrorzelle wie den Nationalsozialistischen Untergrund (NSU). Die konnte aber seit den 90er-Jahren vollkommen ungestört ihrer verfassungsfeindlichen Wege gehen und Morde, Anschläge und Überfälle verüben. Und dass, obwohl dem Verfassungsschutz die Mitglieder der NSU als Neonazis bekannt waren. Ein Geheimdienst, der nichts mitkriegt? Peinlich. (Lea Fischer, 18 Jahre)


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… Til Schweiger: Als Rausschmeißer eine kurze Erinnerung an Til Schweigers weise Aufforderung, formuliert in seiner Dankesrede beim Querdenkerpreis: „Glaubt an das, woran ihr glaubt!“ Wir glauben, wir tun das Richtige, wenn wir ausrufen: Herzlichen Glückwunsch zum Goldenen Affen 2011! (Annemarie Seifert-Kruger, 16 Jahre)

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Kategorien Politik

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