Álvaro Soler will nicht reduziert werden: weder auf Gute-Laune-Musik noch seine Herkunft und auch nicht auf ein Lied mit J.Lo.
Dass die Songs von Álvaro Soler im Radio rauf und runter laufen, hat auch mit dem guten Wetter zu tun. Sommer, Sonne, spanische Musik: Das passt. Im Interview erzählt der 27-jährige Deutsch-Spanier und Wahl-Berliner, warum er sein neues Album „Mar de Colores“ (erscheint am 7. September) trotzdem nicht mit Sommerhits vollgepackt hat.
Was in diesem Hotelzimmer sofort auffällt: Überall steht Kaffee. Wie viele Tassen waren denn für das neue Album nötig?
Ich trinke höchstens zwei Tassen pro Tag, sonst werde ich nervös. Eigentlich bin ich nämlich eher der Tee-Typ und erst vor einem Jahr unter die Kaffeetrinker gegangen. Zu deiner Frage: Schlaflose Nächte hatte ich nicht, auch wenn es zwischendurch vielleicht mal stressig war.
Welchen der neuen Songs sollte jeder einmal gehört haben?
„Niño perdido“, „Ella“, „No te vayas“, „La Cintura“ natürlich. Sag stopp, sonst nenne ich dir jetzt alle Titel.
Stopp! Lieber zur nächsten Frage: Warum ist spanische Musik auf einmal so populär? Du zum Beispiel singst nur auf Spanisch und hast in ganz Europa Preise abgeräumt.
Tja, das kann ich dir gar nicht so genau beantworten. Mich wundert das selbst. Zum Beispiel sind wir in Italien als Erstes durchgestartet, da kann ich nicht mal mehr unerkannt durch die Straßen gehen. Dabei sind Italienisch und Spanisch grundverschieden. Was aber noch kurioser ist: Sie haben selbst das mediterrane Leben, das Meer, die Sonne und eigene Gute-Laune-Mucke. Wozu brauchen sie spanische Sommerhits?
Aber du bist auch in Schweden, Polen und Tschechien erfolgreich.
Nördlicher in Europa ist das ein bisschen anders – kühleres Klima. Und in Deutschland wird Spanisch auch schon eher gesprochen. Wobei: Wenn ein spanischsprachiger Künstler wie Maluma hier Konzerthallen füllt, dann siehst du trotzdem vor allem Latinos im Zuschauerraum.
Du hast eine Wohnung in Neukölln. Was gibt dir der Bezirk?
Abgesehen vom Biergeruch am Morgen, meinst du? Nee, Neukölln ist supercool und multikulturell, du kannst dich mit deinem Bier an den Kanal setzen – das genieße ich. In Spanien ist das verboten.
Auf Klischeefragen gibt’s Klischeeantworten
Jetzt, da du selber den Vergleich ziehst: Wie sehr nerven dich in Interviews Fragen wie „Berlin oder Barcelona?“ oder „Paella oder Currywurst?“?
Die Klischeefragen eben … Da kommen dann aber auch Klischeeantworten. Natürlich wollen sie dann hören, dass ich typisch deutsch – diszipliniert – bin. Ist auch okay. Viel nerviger ist die Frage nach meinem Song mit J.Lo. Das ist drei Jahre her! Gerade in hastigen 5-Minuten-Interviews gibt’s eigentlich wichtigere Themen.
Nachvollziehbar. Dann hilf mir: Worüber würdest du denn lieber sprechen?
Autos zum Beispiel. Ursprünglich habe ich nämlich Industriedesign studiert.
Uff, bei dem Thema bin ich echt raus.
Dann habe ich eine Frage an dich: Was ist für dich ein Sommerhit?
Ein Gute-Laune-Song, der im Sommer rauskommt?
Ist Definitionssache! Das kann auch ein One-Hit-Wonder sein. Ich habe mal die Überschrift „Álvaro Soler – Der Sommerhit-König“ gelesen.
Alvaro möchte kein „Sommerhit-König“ sein
Es könnte schlimmer sein …
Nee, das klingt furchtbar! Wir machen ja viel mehr als das. In erster Linie sind es ganz normale Songs. Du landest aber schnell auf dieser einen Schiene. „La Cintura“ wurde schon im März veröffentlicht. Mir haben die deutschen Radiosender aber gesagt, dass sie ihn nicht spielen, bevor die Sonne scheint – es sei ja schließlich ein Sommerhit. Spanische Musik muss anscheinend immer happy sein. Und aus dieser Schublade rauszukommen, ist schwieriger als gedacht.
Wie uns „Mar de Colores“ gefällt, lest ihr hier.
Beitragsbild: Ben Wolf