Von dieser Frage handelt „Long Way Down“ von Jugendbuchautor Jason Reynolds. Der Jugendbuchautor und „literarische Rapper“ seiner Generation wird als Star der Jugendbuchszene gefeiert.
Von Rosina Link, 15 Jahre
Will ist am Boden zerstört, als sein Bruder, sein einziger Bruder, Shawn getötet wird. Erschossen wird. Ihm bleiben Erinnerungen an gemeinsame Stunden, drei von seinem Bruder gelernte Regeln und der Gedanke an Gerechtigkeit. So findet er sich wieder im Fahrstuhl mit einer Waffe im Hosenbund. Er wird derjenige sein, der den Mörder von Shawn umbringen wird. Die Regeln sind die Regeln. Oder nicht?
Mit einzigartiger Präzision und Feinfühligkeit wagt sich der amerikanische Jugendbuchautor und Jahres-LUCHS-Preisträger Jason Reynolds in eine Welt, in der der Klang eines Schusses zur Normalität gehört. In der Gewalt eine Lösung ist. In der getötet und getötet wird.
Reynolds schafft es, die wirren und doch klaren Gedanken eines in dieser Welt gefangenen Jugendlichen festzuhalten, der anfängt zu hinterfragen. Der faszinierend beschriebene innere Prozess des Hauptprotagonisten zwingt den Leser förmlich dazu, den Roman nicht mehr aus den Händen zu geben. Er liest sich nicht nur geschmeidig, er gibt auch eine Vielzahl an Denkanstößen und färbt sich im positiven Sinne auf den Leser ab. Der wird mitgenommen auf eine Reise in Wills Vergangenheit, die geprägt ist von unterschiedlichste Menschen, von fröhlichen und grausamen Momenten, die einen mehr und mehr verstehen lassen. Schockierend und zutiefst berührend wird über diesen einen Augenblick geschrieben, der alles verändert.
Seit der Veröffentlichung seines Romans „Ghost“ wird Reynolds in den USA als neuer Star der Jugendbuchszene gefeiert. Er gilt als „literarischer Rapper“ seiner Generation. Denn er schreibt, wie er spricht. „Als ich ein Kind war wurde uns gesagt, dass die Art, wie wir sprechen, unangebracht sei“, erinnert er sich. „Aber es war die Wahrhaftigkeit unserer Sprache, die alles verändert hat.“ Nur zu gerne hätte er damals Bücher gelesen, die von seinem Leben und dem seiner Freunde erzählt. Von der Drogenwelle. Seinem Nachbarn, der an Aids starb, als Reynolds elf war. „Doch so etwas existierte nicht.“ In der populär werdenden Rap-Musik fand er sich wieder. Er saugte die Lyriks auf, verinnerlichte sie. Und formte daraus seine eigene Sprache.