In der Galerie Wortwedding werden die Themen Heimat und Fremde aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet
Von Rebecca Ciesielski, 22 Jahre
Das Gefühl der Fremdheit kann aussehen wie ein Baum, der statt Blättern Flugtickets trägt. Das Gefühl kann sich aber auch anhören wie die Verse des türkisch-deutschen Dichters Hasan Özdemir: „und schiffe ohne mitreisende / ankern heute in den häfen der schwermut / haben die wasser alles fortgetrieben“. Oder wie eine Verbindung aus beidem.
Die Ausstellung „Meister der Fremde = Meister der Heimat“, die noch bis Ende des Jahres in der Galerie für interdisziplinäre und interaktive Poesieprojekte Wortwedding zu sehen ist, rückt besagte Verbindung zwischen Wörtern und Performances, Installationen und Objektkunst in den Mittelpunkt. Dabei werden die Gedichte Hasan Özdemirs, der in der Türkei geboren wurde und seit 1979 in Deutschland lebt, von fünf Künstlern aus vier verschiedenen Ländern interpretiert.
Den Anfang machte Seçkin Aydın, der 1980 in der Osttürkei geboren wurde. „Mich interessiert die Beziehung zwischen Wort und Gegenstand“, sagt Aydın. Besonders spannend fand er die letzten Verse des Gedichts „die herbstgasse“. Dort heißt es: „es ist an der wirklichen zeit / ein wort zu sagen / das alle bäume blühen lässt“. Das Gedicht spricht nicht explizit über Heimatverlust oder über die Schwierigkeiten, sich in einem neuen Land zurechtzufinden. Aydıns Umsetzung ist nur eine mögliche Interpretation: Sein Baum hat Wurzeln geschlagen, die Äste und Zweige jedoch zeigen in alle Himmelsrichtungen und treiben Flugtickets aus – die wichtigsten Mittel, um heute einen Ort zu verlassen und an einen anderen zu gelangen.
„Wir sind hier im Wedding. Das Thema Heimat und Fremde ist allgegenwärtig“, sagt Nicola Caroli, die das Projekt kuratiert hat. Für sie sind Gedichte ein besonders gutes Mittel, um das Thema Heimat zu behandeln. Das mutet paradox an, denn besonders in poetischen Gattungen scheinen manche Sprachhürden unüberwindbar. An dieser Stelle setzen die Werke der fünf Künstler an. Die Darstellung des Baumes spricht für sich. Für diese war die Dichtung Özdemirs nur der Ausgangspunkt, von dem aus etwas Neues entstehen konnte. Etwas, das dann ohne Worte funktioniert.
Die Ausstellung läuft noch bis Dezember und zeigt nacheinander die Werke der fünf Künstler.
Mehr Infos findet ihr unter www.wortwedding.blogspot.de