„Wir machen was richtig“



Auf legalem Wege lief er nur gegen geschlossene Türen, als Gangster geht es ihm recht gut: Mustafa El-Hussein (18) als Cem in „Türken Sam“. Foto: Alexandra Thoma



Theater, Performances, Workshops, Filme und Konzerte: Am Donnerstag beginnt das Festiwalla


Von Laura Harmsen, 21 Jahre


Nicht so lieb, Leute! Immer wenn einer fertig ist, haut ihn der andere.“ Wie bitte? „Ick gloob, ick bin im falschen Film“ heißt das Stück, und dies ist eine der letzten Proben für die Aufführung am kommenden Donnerstag. Drei Mädchen und zwei Jungs geben ihrer Performance den letzten Schliff, um es auf dem Jugendtheaterfestival Festiwalla, das sie zusammen mit anderen Jugendlichen im Projekt des Jugendtheaterbüros Berlin organisiert haben, allen zu beweisen.


Amelie ist 23 Jahre alt und spielt leidenschaftlich gern Theater. Für das Festival hat sie selbst Regie geführt. In ihrem Stück „Social Box“ geht es um soziale Ungerechtigkeit, Obdachlosigkeit, Hartz IV, Politik und Wirtschaft. Jenniffer, 15 Jahre, stört sich vor allem an den Kürzungen der Gelder für soziale Einrichtungen: „Das kotzt mich voll an“, sagt sie. „Damit erreichen die Politiker nichts. Sie sagen, wir würden nur auf der Straße rumgammeln, dabei sind wir nicht alle so. Und wenn sie weiter Gelder kürzen, wo sollen wir dann hin, wenn nicht auf die Straße?“ Als sie sich entschieden hat, das Festival mitzuorganisieren, wollte sie auch selbst Regie führen: „Ich habe mehr Selbstvertrauen bekommen und bin offener, seit ich hier bin.“ In „Hass und Liebe“ verarbeitet sie Themen aus den Nachrichten. Es geht um Mord, Vergewaltigung und eine Gang. „Ich will, dass die Menschen nicht mehr verdrängen, sondern sich mit unbequemen Themen auseinandersetzen und etwas ändern in der Welt.“


Will man den Enthusiasmus und die Kreativität der oft benachteiligten und als bildungsfern bezeichneten Jugendlichen der Berliner „Problembezirke“ erleben, so ist das Festiwalla­ sicher der beste Ort dafür. Als Teil der Kampagne „KulTür auf!“ des Jugendtheaterbüros Berlin will es für mehr Zugangsrechte für Jugendliche zu etablierten Kulturbetrieben und künstlerischen und kreativen Ausbildungsmöglichkeiten sorgen.


Von fehlendem Zugang handelt auch „Türken Sam“. Mohammed und Mustafa, zwei kräftige junge Männer, erzählen von ihrem Stück: „Es geht um Cem, dem das Leben gereicht hat, weil ihm alle Perspektiven genommen wurden und auch die Unterstützung der Familie fehlt. Also wird er zum Gangster, macht Betrügereien, und mit dem Geld kommen Frauen und Drogen ins Spiel. Damit können sich viele identifizieren.“ Dann erzählen sie von Diskriminierungen und Vorurteilen, die sie selbst erlebt haben, etwa davon, dass jemand fast panisch flüchtete, obwohl sie ihn nur nach dem Weg gefragt hatten.


„Ick gloob, ick bin im falschen Film“ kommt in Bewegung. Es wird eine Evolutionskette dargestellt. Nach vorn stellt sich Professor Sarabuschkowszin, schreit: „Rein in die Schubladen!“, und die Reihe löst sich auf. Das Theaterprojekt hingegen hat den Jugendlichen gezeigt, wie sie da wieder rauskommen. „Es ermutigt uns und bestätigt, dass wir was richtig machen“, sagt Mustafa. Man darf sich also auf den Start am Donnerstag freuen. Oder wie Amelie es ausdrückt: „Yalla yalla, festiwalla!“


Das Festiwalla findet vom 20. bis 22. Oktober im Haus der Kulturen der Welt statt. Der Eintritt für alle Veran­staltungen ist kostenlos.


Eine Nachricht von den jugendlichen Festivalmachern findet ihr hier!


Mehr Infos und das Programm unter www.grenzen-los.eu

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