Von Tiergrunzen und Gefühlsverlust

Das Interview führte Phuong Duyen Tran, 15 Jahre



Das aktuelle Album von Joshua, Moritz, Tim und Marius (v.l.n.r.) aus Viersen in Nordrhein-Westfalen heißt „Lightmares“. Foto: Phuong Ngan Tran




Indie-Wave-Rock-Pop, mal nicht aus England: beat!beat!beat! im Interview mit der Jugendredaktion


Eure Musik klingt gar nicht so wie euer Bandname – „beat!beat!beat!“. Was ist da los?

Joshua: Wir haben tatsächlich zum Anfang hin elektronischer geklungen, sodass wir dachten, der Name passt. Eine sonderbare Anekdote steckt aber nicht hinter dem Namen, es war wirklich sehr unspektakulär und gar nicht allzu durchdacht. Unsere Musik ist jetzt weniger eingängig und vor allem gitarrenlastiger. Mit Elektro-Pop haben wir nun weniger zu tun. Diese elektronischere, sehr auf Tanzbarkeit aufgelegte Musik war ziemlich kurzlebig. Es hat uns zwar anfänglich Spaß gemacht, aber nicht sehr lang. Dem sind wir relativ schnell „entwachsen“, sodass wir den Reiz darin bald verloren. Den Gedanken, unseren Namen deshalb noch einmal zu ändern, haben wir dennoch verworfen.


Foto: Phuong Ngan Tran

Es heißt ja, es sei nicht wichtig, woher man kommt, sondern allein wohin man will. Aber wirklich: Inwiefern prägen eure Heimatstadt und euer familiärer Hintergrund die Musik, die euch nun ausmacht?

Moritz: Wir haben viel durch unsere Eltern mit in die Wiege gelegt bekommen. Tims Vater ist zum Beispiel Blasinstrument-Lehrer, Joshuas Vater ist auch Musiker und meine Mutter hat mich mit sechs zum Klavierspielen überredet. Was das angeht, ist Marius der einzige Autodidakt. Unsere Heimatstadt Viersen hingegen hat vermutlich nichts hinsichtlich der Herkunft unserer Musik zu tun. Natürlich wissen wir immer, wo und wie alles angefangen hat. Und wenn wir das in Betracht ziehen, motiviert es uns immer mehr – in dieser Hinsicht hat es schon Einfluss auf uns. Das Internet hat uns andererseits auch stark geprägt. Wir lesen alle sehr gern Blogs, sogar noch lieber als Zeitschriften eigentlich – weil Zeitschriften oft nur voller Werbung sind. Wenn jemand in seinem Blog über deine Musik schreibt, weißt du, dass es ehrlich gemeint ist und dass niemand dafür bezahlt wurde. In Viersen kann man also auch Blogs von Übersee lesen und richtig gute Bands entdecken, die einen inspirieren.


Foto: Phuong Ngan Tran

Gab es einen bestimmten Moment, in dem ihr entschieden habt, Musiker sein zu wollen?

Moritz: Ich habe beschlossen, Gitarre zu spielen, nachdem ich Avril Lavigne live gesehen hatte. Damals war ich in meiner Skate-Punk-Phase. Und ihr Gitarrist trug so geile Shorts und dieses Cappy und alle sagten immer: „Ja, Mann, du bist der Geilste.“ Und ich als 13-jähriger Junge dachte mir dann sofort: Das – das muss sein! So beginnt es eben. Und wie es halt ist, hört man erst ­Avril Lavigne, dann ist Blink 182 cool, bis auch das langweilig wird. Irgendwann ist man bei Harsh-Noise-Musik angekommen und hört sich nur noch Tiergrunzen an – sechs Minuten lang.


Wen wollt ihr mit eurer Musik erreichen?

Moritz: Wir machen Musik, weil es uns Spaß macht. Dabei wollen wir uns nicht der Masse anpassen, sondern das tun, worauf wir wirklich Bock haben. Wen speziell wir damit erreichen, ist eigentlich nebensächlich. Wichtig ist, dass wir diese Lust auf unsere Musik gut übertragen können. Lieber ein Trecker-Fahrer, der unsere Gitarrensounds richtig gut findet, als irgendein richtig hipper Junge, der meint: „Ganz gut, aber ein bisschen 2007.“ International habt ihr bereits an Anerkennung gewonnen.


Foto: Phuong Ngan Tran

Mit welchen Gruppen oder Richtungen könnt ihr euch und eure Musik identifizieren?

Joshua: Oft werden wir mit Brit-Pop in Verbindung gebracht, werden mit Bands wie „Foals“ verglichen. In London durften wir ja nun auch schon auftreten, was nach wie vor riesig für uns ist. Ich denke aber, dass wir stark durch Musik aus Kanada und Amerika geprägt werden. Dort einmal auftreten zu dürfen, ist unser großer Wunsch.


Könnt ihr genauer beschreiben, wie ihr eure Songs entwickelt?

Joshua: Oft hat man schon eine Idee, bevor man das Instrument in die Hand nimmt. Und Ideen habe ich ziemlich häufig. Wenn ich gerade zu Hause bin und die Zeit habe, fange ich an, meine Überlegungen umzusetzen. Manchmal wird das auch ganz anders als die Idee, die ich vorher hatte. Einfach dadurch, dass man es aufnimmt und es einen ganz anderen Klang hat. Im Grunde ist es ein Ausprobieren. Wir sind keine Musiker, die mit Noten arbeiten. Durch die Erfahrung, die wir mittlerweile mit dem Schreiben von Songs haben, wissen zwar, was gut zusammenklingt, aber eigentlich ist es nach wie vor so ein Rumprobieren von Tönen und Harmonien.

Moritz: Manchmal spielt man so zwei Gitarren übereinander und wenn es geil klingt, dann wird ein Song daraus gemacht. Das ist dann also dieser spontane Jam-Moment, aus dem manche Songs entstehen. In letzter Zeit haben wir auch angefangen, uns zu treffen und Songs aufzunehmen. Beim Aufnehmen wird dann fast alles umstrukturiert. Sowie man beginnt, Arrangements zu schreiben und Ähnliches, wird aus diesem spontanen Moment, dann doch etwas Durchgeplantes. Musik fängt also immer relativ spontan an und entwickelt sich zu etwas Durchdachtem.


Foto: Phuong Ngan Tran

Was inspiriert euch zu euren Songs?

Joshua: Das ist unterschiedlich. Wenn man etwas allein zusammenstellt, fügt man immer eine persönliche Emotion ein. Wenn ich gerade super gut drauf bin, dann bin ich nicht derjenige, der etwas Melancholisches verfasst. Aber dadurch, dass wir auch oft zu zweit, zu dritt oder zu viert an Ideen weiterarbeiten, entwickelt sich die Musik zu einem Projekt und entfernt sich von dem eigent­lichen Gefühl. Dennoch würde ich Musik nicht als Arbeit bezeichnen. Man setzt sich abseits von dem persönlichen Gefühl mit einem Thema auseinander. Das ist der Unterschied zwischen uns und den klassischen Singer-Songwriter. Es gibt keinen strikten Plan, dass beispielsweise erst die Gitarre stehen muss, dann der Text und dann die Band hinzukommt. Manchmal entstehen unsere Songs auch einfach aus einer Basslinie – da ist es schwierig, den Entstehungsprozess in einem Songwriter-Kontext zu sehen, bei dem man seine Emotionen einbringt.


Viele junge Bands scheitern an persönlichen Differenzen. Tipps, wie man einen Zerfall aus diesen Gründen verhindern kann?

Moritz: Wir sind letztlich gute Freunde, die einen Traum verfolgen, gemeinsam Musik machen und eine tolle Zeit genießen wollen. Es gibt ja weder für Ehen noch für Freundschaften eine Formel, die Garantie schenkt. Für uns gilt nur, dass wir das, was wir haben, genießen und ansonsten einfach alles auf uns zukommen lassen. Wie es am Ende aussieht, ist niemals sicher. Aber so spielt das Leben.

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Kategorien Interview Kultur

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