Der Zirkus Cabuwazi veranstaltet zurzeit Projektwochen für Schulklassen
Von Lisa Brückner, 22 Jahre und Vivian Yurdakul, 23 Jahre
Unerwartet ruhig ist es auf dem Grundstück in der Bouchéstraße in Treptow. Immerhin befinden sich auf dem weitläufigen Gelände zwei Zirkuszelte – Einrichtungen also, die gemeinhin nicht als Orte der Stille bekannt sind. Zumal der Zirkus Cabuwazi das Gelände, auf dem sich einst eine Gemeindeschule befand, zum Veranstaltungsort seiner Schulprojektwochen auserkoren hat. Regelmäßig verlagern Schulklassen ihren Unterricht vom Klassenzimmer ins Zirkuszelt. Statt Deutsch, Englisch und Mathematik stehen eine Woche lang Akrobatik, Trapezturnen und Clownsnummern auf dem Stundenplan.
Die Schüler der fünften Klasse der Rixdorfer Schule in Neukölln kennen ihre Rollen bereits: „Wenn die Schüler am Montag zu uns kommen, schnuppern sie zuerst in alle zehn Zirkus-Genres hinein und entscheiden sich dann, ob sie lieber Jongleure, Seiltänzer oder Moderatoren werden möchten“, sagt Britta Niehaus, die die Schulprojektwochen betreut.
Nun ist es im Zirkuszelt so still, wie wahrscheinlich nur selten im Klassenzimmer, während der Leiter der Schulprojektwochen, Uwe Podwojski, den Mädchen und Jungen erklärt, wie sie eine menschliche Pyramide bauen. Dabei geht Podwojski auch auf den kulturellen Hintergrund der zumeist türkischstämmigen Schüler ein: Er eröffnet ihnen, dass sie bei der Zirkusvorstellung, die die Klasse am Ende der Woche für die Eltern geben wird, nicht nur eine Pyramide nachbilden sollen, sondern auch die sechs Minarette der Königsmoschee in Istanbul. Auch eine Basarszene wird aufgeführt, zu orientalischer Musik, die die Lehrerin ausgesucht hat.
„Wir haben viele Klassen mit Schülern, die einen Migrationshintergrund haben und nehmen darauf auch Rücksicht“, erläutert Britta Niehaus. „Zum Beispiel müssen muslimische Mädchen bei uns nicht die knappe kurze Kleidung tragen, die in Akrobatiknummern normalerweise üblich ist.“
Probleme mit der Motorik
Ganz reibungslos geht die Trapeznummer, die einige der Mädchen und Jungen proben, dennoch nicht über die Bühne. Der ganze Körper muss auf dem Trapez ausbalanciert werden. Dabei beobachten Britta Niehaus und ihre Kollegen seit einigen Jahren zunehmende Probleme. „Es ist auffällig, dass Motorik, Körperspannung und Bewegungsabfolgen schlechter werden.“ Das, vermutet Niehaus, liegt daran, dass immer mehr Eltern es verpassen, ihre Kinder zum Sport zu motivieren. „Bei uns müssen sich die Kinder aber bewegen, und oft merken sie dabei, wie gut ihnen das tut.“ Bis zum Freitag, weiß sie, werden die Zirkustrainer, die alle am Zirkus ausgebildete Akrobaten sind, die Schüler so weit schulen, dass alle ihre Nummern beherrschen und auch die Schwierigkeiten am Trapez beseitigt sind. Denn dann findet die große Zirkusvorstellung für die Eltern statt – bei der es dann auch gerne etwas lauter zugehen darf als während des Trainings.