Aniko kann die Motivation frierender Kampf-Hipster einfach nicht verstehen.
Draußen ist es bitterkalt. Nicht mal der Schnee lässt sich noch blicken, ich glaube, ihm ist es zu kalt. Während ich mir am liebsten noch mehr Klamottenschichten überstreifen würde, als unter meine dicke Winterjacke passen, kann ich es nicht fassen, wenn mir mal wieder ein Gleichaltriger in der S-Bahn gegenübersitzt und gerade seine adrette, offene Lederjacke zurechtrückt. Der Schal, ein dünn gestrickter Hauch von einem Stoff, hat vielmehr kleidende denn wärmende Funktion. Die knöchellange Stoffhose, wahlweise durchlöcherte Jeans, komplettiert das Outfit des neuen Großstadt-Kampf-Hipsters.
Nach dem Motto „Hauptsache schön“ kauft er sich fröhlich durch die Frühjahrs-Kollektionen der Online- und Vintageshops und erklärt den Winter für einen alternativen Fakt. Minustemperaturen? Alles Lüge! Blasen-, Rachen- und Nasennebenhöhlenentzündungen werden für den immerwährend modischen Auftritt, den der Instagram-Account bescheinigt, in Kauf genommen.
Besonders grausen mich die blau gefrorenen Fußgelenke, die zwischen Hosenende und fancy Markensportschuh hervorblitzen. Ist man nicht spätestens seit Besuch der Oberschule alt genug, sich dem Wetter entsprechend zu kleiden? Wogegen rebelliert ihr nur? Der Winter kehrt alle Jahre wieder. Auch wenn wir seit einer Weile keine weiße Weihnacht mehr hatten, ändert sich daran nichts.
Mir kann auch keiner erzählen, Temperaturen unter dem Gefrierpunkt seien nicht kalt. Statt den heißen Kaffeebecher zu umklammern und mit den Zähnen zu klappern, könnt ihr einfach bauchfreies Top, Glitzerweste und Lackballerinas gegen Wollpulli und Thermoleggings unter der Jeans tauschen. Habt Mut! Ihr werdet trotzdem fancy sein.
Foto: Sophia Kembowski/dpa