Viel wurde in den vergangenen Tagen über Geisels Sicherheitspaket diskutiert. Leider geht ein Punkt, der wirklich konstruktiv ist, in der Debatte unter.
Seit dem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz steht die gerade neu gewählte Berliner Regierung unter Zugzwang. Der Ruf nach mehr Sicherheit wird lauter. Stoppen lassen sich die erregten Gemüter auch nicht von Statistiken, die belegen, dass die Gefahr, an einer Fischgräte zu ersticken, um ein Vielfaches höher ist als die, von einem Terroristen getötet zu werden. Auch von den Argumenten, es könne keine absolute Sicherheit geben und die Terroristen hätten gewonnen, wenn wir Angst zeigen und unsere eigene Freiheit einschränken, lassen sie sich nicht umstimmen. Und so sprechen ihnen mehr und mehr Politiker nach dem Mund, fordern Fußfesseln, eine verschärftere Abschiebepraxis und mehr Videoüberwachung. Würde es tatsächlich darum gehen, Menschenleben zu retten, wäre mit einer Geschwindigkeitsbeschränkung auf der Autobahn sicher mehr getan. Aber gut, das Rasen auf der Autobahn ist schließlich ein deutsches Kulturgut.
Auch Berlins Innensenator Andreas Geisel musste dem öffentlichen Druck nachgeben und hat vergangene Woche einen Zehn-Punkte-Plan mit dem Titel „Präventions- und Sicherheitspaket“ vorgestellt. Diskussionspotenzial hat dieser Plan durchaus. Leider geht ein Punkt, der wirklich konstruktiv ist, in der Debatte unter. Geplant ist nämlich die stärkere Förderung von Integrations- und Präventionsprojekten gegen eine Radikalisierung junger Menschen. So will der Senat die Angebote der Jugendarbeit sowie die der bezirksübergreifenden Jugendsozialarbeit stärken und Maßnahmen unterstützen, die zur Integration der hohen Anzahl geflüchteter junger Männer beitragen.
Dieser Punkt sollte der erste eines jeden solchen Papiers sein. Denn sinnvoller als die permanente Überwachung möglicher sogenannter Gefährder ist doch wohl, zu verhindern, dass es überhaupt welche gibt. Wir müssen eine Gesellschaft schaffen, in der sich alle Menschen willkommen fühlen und Jugendlichen auch jenseits radikaler Gruppen eine Perspektive geboten wird. Das ist mit viel Arbeit verbunden – ja. Zugegebenermaßen lassen sich Kameras deutlich schneller montieren. Aber verhindern können sie nichts.
Von Cana Durmusoglu, 20 Jahre
Foto: dpa