Sobald die Temperaturen steigen, beginnt Berlin förmlich zu kochen. Abhilfe für schweiß-tropfende Stirnfalten und einen klebrigen Hautfilm bieten Eis – und kurze Sommergarderobe. Neben etwas Abkühlung bringt die leider auch unwillkommene Blicke mit sich. Ein Kommentar
Flip-flops blitzen unter rot lackierten Fußnägeln hervor, Röcke flattern im lauen Wind der einfahrenden Straßenbahn und lange Jeanshosen werden bereitwillig zu Shorts gekürzt. All das gehört auch für mich zum Sommer dazu – genauso wie die damit verbundenen Blicke auf meine nackten Beine.
Man sollte meinen, dass ich mich mit 1,82 Metern nicht beschweren kann, schließlich nehmen meine Beine 60 Prozent meiner Körpergröße ein. Doch jedes Mal regelrecht angegafft zu werden, wenn ich mit einem Rock bekleidet an der Haltestelle stehe, ist alles andere als wohltuend. Damit ist kein unauffälliger Blick oder verlegenes Umsehen gemeint. Ich rede von jenen Menschen – ja, meistens Männern –, die sich mir in der Bahn direkt gegenübersetzen und schamlos starren. Ohne zu blinzeln, ergötzen sie sich an ihrer Aussicht, die bösen Blicke und das beharrliche Räuspern ihres Gegenübers nicht beachtend. Viele Freundinnen beschweren sich, dass ihnen insbesondere im Sommer auf die Brüste oder auf den Po geschaut wird. Sind die Beine das Objekt der Begierde, ist das auch nicht angenehmer. Eine Freundin sagte mir einmal, ich solle die doch einfach nicht beachten. Manchmal gestaltet sich das aber schwierig, denn tatsächlich ist es mir schon passiert, dass sich ein Gaffer anschickte, meine Beine anfassen zu wollen. Da hört jeglicher Spaß nun wirklich auf.
Es ist ein schreckliches Gefühl, das in solchen Momenten in einem aufkommt. Schließlich ist man kein Tier im Zoo. In einer bunten Stadt wie Berlin sollte jeder sein können, wie er ist, und tragen können, was er will. Denn erst durch die äußeren Einflüsse beginnt man an sich zu zweifeln.
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