Frankreich steckt potenzielle Dschihadisten in Erziehungscamps. Philipp hofft auf weitere Maßnahmen zur Prävention gegen Radikalisierung.
Schwer erziehbare Jugendliche bekommen von ihren Eltern häufig die Drohung zu hören: Wenn du dich nicht änderst, schicken wir dich aufs Internat. Neben den bekannten Gründen gibt es in Frankreich nun bald einen weiteren, aus dem Jugendliche in einer geschlossenen Erziehungsanstalt landen können: Islamismus.
Um einer Radikalisierung junger Menschen entgegenzuwirken, werden bald sogenannte Deradikalisierungszentren eröffnet, in denen Personen, die sich zu islamistischer Propaganda hingezogen fühlen, vor allem Jugendliche, an einem entsprechenden Programm teilnehmen können. Dies geschieht freiwillig, bei vielen Minderjährigen werden es die besorgten Familien sein, die den Aufenthalt veranlassen. Die Einrichtung richtet sich an Betroffene in einem Frühstadium.
Erklärtes Ziel ist es, dass die Teilnehmer wieder stolz sein können, in Frankreich zu leben. Dies soll durch psychologische Betreuung, gemeinschaftliche Aktivitäten und Bildungsangebote erreicht werden. Die Teilnehmer sollen wieder das Gefühl bekommen, Teil der französischen Gesellschaft zu sein. Uniformen und Fahnenappelle sollen dazu beitragen.
Wie erfolgreich die Zentren sein werden, ist noch nicht absehbar. Die Präventionsmaßnahme ist ein erster Schritt. Enden dürfen die Bemühungen damit nicht. Die Regierung muss sich auch mit den Ursachen des Problems auseinandersetzen. Soziale Ungleichheit und Perspektivlosigkeit sorgen dafür, dass sich vor allem junge Menschen dem Islamismus zuwenden. Es ist richtig, die Identifikation mit der französischen Kultur und den westlichen Werten zu fördern. Doch reichen dafür Uniformen und Morgenappelle zur französischen Nationalhymne? Ich glaube, damit allein ist es nicht getan. Zumal der Anspruch ziemlich hoch ist, aus Jugendlichen, die sich zum Islamismus hingezogen fühlen, sogleich französische Patrioten zu formen. Die Deradikalisierungszentren sind einen Versuch wert – wenn weitere Maßnahmen hinzukommen, die jungen Menschen bessere Perspektiven ermöglichen, damit sie sich gar nicht erst radikalisieren. Dazu könnte auch gehören, sich klar zum Islam als Teil der französischen Gesellschaft zu bekennen. Ein Satz wie „Der Islam ist Teil von Frankreich“ vom Staatspräsidenten könnte vielen Muslimen helfen, sich als Franzosen zu fühlen.