Auf die Herkunft kommt’s beim Mobbing nicht an
von Vivian Yurdakul, 20 Jahre
Als „Hurensöhne“, „Kartoffelfresser“, „Schleimer“ und „Streber“ werden deutsche Schüler an der Neuköllner Otto-Hahn-Sekundarschule von ihren ausländischen Mitschülern beschimpft. Von „Rassismus gegen Deutsche“ sprechen die Lehrer und haben mithilfe der Medien Berlin mit dieser Äußerung wieder einmal eine neue Integrationsdebatte beschert. Grund dafür, dass deutsche Jugendliche immer häufiger zu Mobbingopfern ihrer Mitschüler mit ausländischen Wurzeln würden, ist laut der Lehrer, dass es an der Schule inzwischen mehr Schüler mit Migrationshintergrund als ohne gebe.
Diese Analyse greift zu kurz. Natürlich haben es deutsche Jugendliche an einer Schule mit einem Ausländeranteil von 80 Prozent nicht unbedingt leicht. Es wäre naiv, das zu glauben. Sicherlich werden sie auch Opfer von Mobbingattacken. Und selbstverständlich ist es richtig von den Lehrern, auf diesen Missstand hinzuweisen. Aber das ist nicht das ganze Problem. Erstens ist es unter Jugendlichen immer ein schweres Los, zu einer Minderheit zu gehören. Das gilt für Türken, Streber, Dicke, Rothaarige, Emos oder eben Deutsche gleichermaßen.
Und zweitens: Wer den Alltag an einer Schule wie der Otto-Hahn-Sekundarschule aus Schülersicht kennt, der weiß, dass sich dort keine zwei Fraktionen gegenüberstehen. Es sind nicht die Migranten und die Deutschen, die einander anfeinden. Man muss davon ausgehen, dass den Lehrern, so sie Türkisch und Arabisch verstünden, noch ganz andere Dinge zu Ohren kommen würden. Denn türkisch- und arabischstämmige Schüler können einander gegenseitig oftmals noch weniger leiden als sie deutsche Schüler leiden können. Auch das ist Rassismus. Nur lässt er sich schwerer erkennen. Denn der Großteil der Berliner Lehrer spricht weder Türkisch noch Arabisch und hält Beleidigungen und Schlägereien zwischen ausländischen Jugendlichen deshalb eher für normale Streitigkeiten.
Es ist den Lehrern der Otto-Hahn- Sekundarschule nicht vorzuwerfen, wenn sie sich öffentlich dazu Äußern, dass sich Jugendliche mit Migrationshintergrund ihren deutschen Mitschülern gegenüber teilweise rassistisch verhalten. Sie sprechen damit sicherlich eine Wahrheit aus. Wenn sie die Probleme an ihrer Schule lösen wollen, müssen sie jedoch aufhören, jetzt die Deutschen in der Öffentlichkeit zu Opfern zu machen.