Was unternehmen im Sommer

Das Glück der einen war die pralle Kasse der anderen: Jugendreporterin 
Paulina (Mitte) versüßte Berlin-Besuchern das Warten vorm Reichstag. Fotos: privat

Ferienkasse leer? Wie ihr aus einer Warteschlange mit Touristen Geld machen könnt

von Deborah Hermanns, 17 Jahre, und Paulina Herker, 18 Jahre

Sue Ann, 60 Jahre alt, aus England schmerzen die Füße. Sie ist gerade zwei Stunden lang durch Berlin gelaufen. Das Brandenburger Tor und das Holocaust-Mahnmal hat sie gesehen, nun soll es der Reichstag sein. Doch die Warteschlange ist lang, genauer: zwei Stunden lang. Sue ist genervt und träumt von ihrem Hotelsessel, und genau da kommen wir ins Spiel. Einen Sessel können wir ihr nicht bieten, aber dafür einen bequemen Klappstuhl – für drei Euro die Stunde. Ein wenig erstaunt ist sie schon, aber nachdem wir ihr erklären, dass wir im Auftrag der Jugendredaktion versuchen herauszufinden, wie man sich in Berlin etwas für die Ferien dazuverdienen kann, hat sie ein Einsehen, bezahlt und macht es sich gemütlich.

Währenddessen kommen wir ins Gespräch mit ihrer Freundin Annie, 59 Jahre alt. Auch Annie hat drei wundervolle Tage in Berlin hinter sich, und während sie schwärmt, fragen wir sie ganz beiläufig, ob sie nicht einen Schluck kalte Cola möchte, pro Becher 50 Cent. Das ist natürlich jenseits des Supermarkts ein verführerischer Preis – wir setzen große Hoffnung in die finanzielle Ausbeute der gesamten Flasche. Leider jedoch hat Annie ihre eigene Wasserflasche dabei. Und so verabschieden wir uns von den beiden und ziehen weiter, gefolgt von einigen neugierigen -Blicken der Umstehenden.

Weiter oben auf der Treppe des Reichstagsgebäudes begegnen wir Victoria, Josephine und Solange, drei jungen Argentinierinnen, die entnervt auf ihre Berlin-Karte starren. Auf Spanisch kommen wir ins Gespräch. Die drei sind sauer, dass sie von unserer Nationalmannschaft im Viertelfinale geschlagen wurden, loben Berlin aber dennoch überschwänglich. Wir geben ihnen Auskunft, wo sie am Abend am besten hingehen können und was sie unbedingt noch sehen müssen. Dafür erheben wir natürlich keine Gebühr, Ehrensache. Aber mit Blick auf 
Victorias Sonnenbrand wittern wir Bares. Für eine Pauschale von einem Euro bieten wir ihr die Benutzung unserer Sonnencreme an. Davon sind aber auch die beiden anderen begeistert und schmieren sich ein. Sie hatten gedacht, in Deutschland würde es nur regnen und jeglichen Sonnenschutz zu Hause gelassen.

Hinter den Dreien sieht ein Brasilianer, dass wir noch mehr zu bieten haben. Snacks. Er fragt, ob er uns eine Packung Chips abkaufen könne. Natürlich kann er, und so sind wir um zwei Euro reicher. Langsam wird unser Business zum Selbstläufer! Für die Wartenden in der Schlange sind wir eine interessante Abwechslung, ein paar kommen auf uns zu und fragen nach Getränken oder Süßigkeiten. Wir sind gut ausgerüstet.

Jetzt ruft uns auch Sue Ann aus England wieder zu sich. Sie ist oben am Eingang des Reichstags angekommen und braucht unseren Klappstuhl nicht mehr. Während sie sich sehr herzlich bei uns bedankt, drückt sie uns mit einem Lächeln einen Fünf-Euro-Schein in die Hand. Dann geht sie die letzten Treppen zum Eingang des Reichstags hoch, und wir schauen ihr zufrieden hinterher. Um 20 Euro reicher sind wir immerhin geworden, in nur einer Stunde. Und ganz nebenbei haben wir auch noch tolle Menschen aus der ganzen Welt kennengelernt.

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