Frischluft für alle


Zigarettenluft ade! Foto: Raufeld


von Rebecca Ciesielski, 20 Jahre


Was haben Audrey Hepburn, Kurt Cobain und Helmut Schmidt gemeinsam? Richtig. Auf ihren berühmtesten Fotos sind sie mit Zigarette zu sehen (letzterer auf allen Fotos). Das Spannende am Rauchen ist zu Beginn nicht das Nikotin an sich, sondern vielmehr das Image. Für viele ist der Qualm noch immer ein Statussymbol. Fotografien von Rauchern, besonders von rauchenden Berühmtheiten, sind nur selten ohne unterschwellig vermittelte Aussage. Der mächtige Staatenlenker, der charismatische Wissenschaftler, die erfolgreiche emanzipierte Frau, die ebenso kurze Haare wie Röcke trägt – das Rauchen, obwohl eine Sucht und Zeichen von Schwäche, hat als Bild lange Zeit ein Über-den-Dingen-Stehen transportiert. Eine Aussage, die ebenso lauten könnte: „Ich lebe intensiv und exzessiv. Warum an morgen denken, die Zukunft passiert jetzt.“ Im Kontrast dazu stand von jeher der viel zitierte Bausparvertrag, die unbeliebte Biederkeit.



Aber zweifelsohne macht Tabakkonsum süchtig und ausnahmslos alle Inhaltsstoffe in Zigaretten, angefangen von den Zellulosefasern in den Filtern, über den Teer, der sich in den Lungen festsetzt, bis hin zu verschiedenen radioaktiven Substanzen, alle bergen sie ein enormes Gesundheitsrisiko. Die ersten umfassenden Studien über die schädliche Wirkung des Qualms wurden schon in den 60er-Jahren veröffentlicht – heute kann niemand mehr behaupten, nicht zu wissen, was er seinem Körper und seiner Umwelt durch das Rauchen antut.



In den vergangenen Jahren gesellten sich aber zu den Bildern Rauchender auch immer mehr Fotos zerstörter Lungen und Zähne, fahle Haut inklusive. Vielen Menschen ist bewusst geworden, dass die vermeintliche Coolness nur Schall und Rauch ist. Der Schutz vor Passivrauch rückt zunehmend ins Bewusstsein der Gesellschaft. Selbst Raucher genießen heutzutage rauchfreie Restaurants. Dabei hinkte Deutschland beim Nichtraucherschutz im internationalen Vergleich deutlich hinterher. In New York etwa ist Rauchen schon seit 2003 in fast allen Gaststätten und Bars verboten, seit 2011 darf man dort nicht einmal mehr in Parks, auf öffentlichen Plätzen oder am Strand rauchen. Die Weltgesundheitsorganisation meldete im Dezember 2011, dass elf Prozent der Weltbevölkerung in Ländern leben, in denen umfangreiche Gesetze zum Nichtraucherschutz erlassen wurden – das sind 385 Millionen Menschen mehr als noch im Jahr 2008. Auch in Deutschland traten seit 2006 Verbesserungen zum Schutz vor Passivrauch in Kraft, allerdings kritisieren Verbände, wie etwa die Deutsche Krebshilfe, dass immer noch viel zu wenig gegen den blauen Dunst getan wird. Jedes Bundesland hat seine eigenen Bestimmungen, und zahlreiche Ausnahmen bestätigen die Regeln. Dennoch wird der Nichtraucherschutz in Deutschland allgemein akzeptiert: Zwar gab es in Berlin ein Volksbegehren, dass das Rauchverbot in Gaststätten aufheben wollte, doch stimmten nur 2,5 statt der erforderlichen 7 Prozent dem Vorschlag zu.



Die meisten Raucher wissen um die schädigende Wirkung von Tabak und viele wollen früher oder später aufhören. „Der beste Weg zum Nichtrauchen ist, dass man gar nicht damit anfängt“, sagt Katharina Graffmann-Weschke, Ärztin und Gesundheitswissenschaftlerin der AOK Nordost. „Der Versuchung zu widerstehen ist nicht leicht, aber sich das Rauchen wieder abzugewöhnen ist wesentlich schwerer.“ Laut ACCESS, einem Projekt, das sich europaweit dafür einsetzt, dass weniger Jugendliche rauchen, entwickelt sich die Tabakabhängigkeit unter Jugendlichen sehr schnell – schon sieben Zigaretten monatlich haben einen Kontrollverlust über den Tabakkonsum des Rauchers zur Folge. „Gleichzeitig entwickeln aber vor allem immer mehr junge Nikotinabhängige den Wunsch, wieder aufzuhören“, sagt Gabriele Masore-Barz von der Fachstelle für Suchtprävention im Land Berlin unter Berufung auf ACCESS. „Sie wollen aber oft nicht an Rauchstopp-Programmen teilnehmen. Daher ist es wichtig, gezielt Angebote zu schaffen, die jungen Leuten genug Freiraum und Wahlfreiheit lassen.“ Positiv anzumerken sei aber, dass Rauchen ohnehin zunehmend out ist, dies beweise der seit 2001 anhaltende Abwärtstrend beim Zigarettenkonsum jugendlicher Raucher zwischen zwölf und 17 Jahren.



All jene rauchenden Jugendlichen, die auch bald zu den Nichtrauchern gehören möchten, können auf Unterstützung zählen. „So hat etwa die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung für Jugendliche ein Beratungstelefon eingerichtet“, sagt AOK-Expertin Graffmann-Weschke. Und es gibt viele weitere Hilfsangebote:



Am Beratungstelefon der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung können nikotinabhängige Jugendliche unter Tel. 01805 31 31 31 (12 Cent/Minute) montags bis donnerstags zwischen 10 und 22 Uhr und freitags bis sonntags zwischen 10 und 18 Uhr in einem persönlichen Gespräch Hilfe finden.



Das Programm „Ich werde Nichtraucher“ der AOK unterstützt und begleitet bei der Raucherentwöhnung, zum Beispiel mit speziellen Kursen.



Über zahlreiche Entwöhnungsangebote in Berlin informiert die Fachstelle zur Suchtprävention.



Der Wettbewerb „Be Smart, don’t start“ der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung und AOK motivieren gemeinsam Schülerinnen und Schüler seit vielen Jahren dazu, am besten erst gar nicht mit dem Rauchen anzufangen.

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