Volle Erfahrung voraus: Starrsinn


Foto: Raufeld

Josephin Al-Nahat, 19 Jahre, aus Treptow fragt: „Bitte nehmen Sie es nicht persönlich, ich kenne Sie ja nicht. Aber haben Sie schon einmal Zeichen von Altersstarrsinn an sich entdecken können?“


Herr Höff antwortet: Aber ja und wie! Als ich vor Kurzem beim Bäcker mit einer Rubelmünze von 1898 bezahlen wollte, meinte die Verkäuferin, das ginge nicht. Da lag sie natürlich falsch, wie kann Geld wertlos sein? Und ich habe recht behalten: Ein junger Mann nahm die Münze und bezahlte dafür meine Schrippen.


Neulich kam ich aus der Haustür und wartete auf den Bus. Dabei kam ich mit den Leuten ins Gespräch. Dass hier eine Haltestelle ist, wollte keiner glauben. Natürlich habe ich wieder recht behalten: Bald kam der Bus, sogar mit Blaulicht. Ich musste nicht einmal umsteigen, denn derselbe Bus fuhr mich auch wieder nach Hause. Wohin ich überhaupt fahren wollte, hatte ich vergessen. Ist ja auch egal, Hauptsache, man setzt sich durch.


Uff, gerade noch rechtzeitig aus dem Albtraum aufgewacht, um noch etwas Vernünftiges zum Thema zu sagen. Beinahe ununterbrochen müssen wir auf irgendwelche Situationen, Sachverhalte oder Probleme reagieren. Ganz schön anstrengend, vor allem, wenn keine fürsorgliche Diktatur da ist, die einem das abnimmt. Nicht erst im Alter kommen deshalb Leute auf den Gedanken, die Probleme von heute mit den Lösungen, die gestern ganz gut funktioniert haben, lösen zu können, obwohl sich die Problemkonstellation gründlich geändert hat. Ganz Schlaue dagegen wollen vorsichtshalber heute schon die Probleme lösen, die es noch gar nicht gibt und deren Umstände noch gar nicht bekannt sind. Beides ist ein Mangel an Flexibilität, die es ermöglichen würde, auf jedes Problem zur richtigen Zeit angemessen zu reagieren statt sich an vermeintlich gesicherten Problemlösungen zu orientieren. Mangelnde Flexibilität kann sich zu Starrsinn entwickeln, und das nicht erst im Alter.


Da fällt mit der Satz „Das Leben ist eine Baustelle“ ein (Titel eines Films von Wolfgang Becker). Ich behaupte also nicht, dass der Satz von mir ist, und mache mich nicht mit Plagiaten lächerlich. Wenn ich schon angeben wollte, könnte ich sagen, dass der Satz gar nicht gut ist, weil er nicht von mir ist. Aber das kann ja jeder selbst entscheiden, ob er zum Thema passt.


Dein Manfred

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