Moment mal

von Laura Harmsen, 20 Jahre

Schneller in den Wahnsinn

Vielleicht erschufen wir einst die Maschinen, um uns das Leben zu erleichtern, doch inzwischen machen sie es uns schwerer. Denn sie sind mit für die Tatsache verantwortlich, die uns unweigerlich in den Wahnsinn treiben wird: Wie Maschinen sollen und wollen wir immer funktionieren – egal bei welchem Wetter, egal zu welcher Jahreszeit. Und alles muss immer schneller gehen.

Wir versuchen mit den Maschinen mitzuhalten, unsere Leistung immer gleich zu halten, sie bis ins Unendliche zu steigern. Dabei kämpfen wir gegen unseren schlimmsten Feind: die Zeit. Es gibt so viele Synonyme: Zeit verschwenden, verplempern, vergeuden, vertrödeln. Zeit ist heutzutage eine Rarität. Und da wir ja nie Zeit haben, können wir es uns nicht leisten, stillzuhalten, stehen zu bleiben.

Nun sind wir aber keine Roboter, also brauchen wir viele neue Erfindungen gegen unseren „Systemfehler“. Therapeuten, Schmerztabletten, Schlafmittel, Vitamine – Hauptsache, es kann irgendwie weitergehen.
Wir hetzen von einem Thema zum anderen, von einer Aktivität zur nächsten. Aber bei so viel Zerrissenheit kann niemand sein volles Potenzial erschöpfen, geschweige denn auf lange Sicht bei Verstand bleiben. Wir haben alles, aber gerade deshalb haben wir viel weniger als früher und sind nie zufrieden.

Ich bekomme Bauchweh, wenn ich daran denke, was ich alles vorhabe. Ich frage mich, woher er kommt, dieser Druck, der auf uns lastet, auf uns noch mehr als auf den Generationen vor uns. Wir wollen alles tun. Und zwar sofort. Und alles auf einmal. Wir reisen an Orte, damit wir mal da gewesen waren, und während wir eine Sache machen, planen wir schon die nächste.

Da ist diese beständige Angst, etwas zu verpassen und nicht mithalten zu können. Was heute erfunden wird, war gestern schon veraltet. Wir wollen immer präsent, immer erreichbar und immer auf dem neuesten Stand sein. Auf Dauer macht das krank. Darum sollten wir überlegen, was uns wichtiger ist: zu funktionieren oder zu leben?

Ich sage: abschalten. Handy aus, Facebook aus, Fernseher aus, Termine absagen. Luft holen und die Zeit vergessen.