Berlin feiert sich gerne für seine Toleranz. Warum werde ich dann ständig auf meine Körpergröße angesprochen? Das nervt!
Vor einigen Wochen bin ich von einem Auslandssemester nach Deutschland zurückgekehrt. Zurück in meiner geliebten Heimatstadt Berlin fallen mir nicht nur Sachen auf, die ich vermisst habe, sondern auch Dinge, ohne die ich in den Niederlanden sehr gut leben konnte. Dazu gehört definitiv die Eigenschaft vieler Berliner, sich ständig mitteilen zu müssen, ohne das nach ihrer Meinung gefragt wurde. Ich hätte mit ständigen Beschwerden kein Problem, wenn es dabei nicht dreimal am Tag um mich gehen würde.
Seit meiner Rückkehr nach Deutschland bin ich körperlich wieder eine der Größten. Während ich in den Niederlanden mit 1,82 Metern nicht aufgefallen bin, überrage ich in Berlin den größten Teil der Menschen um mich herum. Spätestens seit dem Ende der Pubertät habe ich damit kein Problem mehr – ich sehe vor allem die Vorteile meiner Länge.
Ich bin doch keine Rarität aus dem Zoo!
Leider tun die meisten Berliner das nicht. Obwohl wir als bunteste und offenste Multikulti-Stadt gelten, weisen mich ständig Passanten auf meine Größe hin. Völlig fremde Menschen stehen an der Bushaltestelle neben mir und sagen: „Mein Gott, Sie sind aber wirklich groß.“ Meist schwingt ein gewisses Mitleid in ihrer Aussage mit, weiß Gott, warum. Erst letzte Woche blieb ein Fahrkartenkontrolleur erstaunt vor mir stehen, als wäre ich eine Rarität im Zoo. Auch er stellte fest, dass ich für eine Frau „ziemlich groß geraten“ bin. Dass ich dabei auch noch dünn bin, veranlasste im Fitnessstudio eine Gruppe älterer Damen dazu, ein ernstes Wörtchen über Essstörungen mit mir reden zu wollen.
Solche Kommentare verärgern mich und geben mir das Gefühl, dass an mir irgendwas nicht stimmt. Dabei sind es doch die beschränkten Köpfe der hier Lebenden, die nicht akzeptieren, dass Frauen größer als Männer sein können und dass große Menschen nicht zwangsläufig Größe XXL tragen müssen. Es stört mich nicht, wenn jemand angesichts meiner Größe überrascht ist. Aber mir ein Problem einreden zu wollen, ist für mich ein Zeichen von Intoleranz.
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