Ostern
Was braucht es für frohe Ostern? Eigentlich doch nur die Familie!

Wie mir die Corona-Krise mein schönstes Osterfest geschenkt hat

Vielleicht hat uns das diesjährige Corona-Ostern eines gelehrt: Es braucht keine Geschenke sondern nur die Familie. So erging es auch unserer Autorin, deren schönstes Geschenk ihre Mutter war.

Von Rosina Link

Normalerweise ist meine Mutter an Ostern nicht zu Hause. Sie trifft eine Freundin, oder auch zwei, fährt mit ihr an einen Ort der Ruhe, der Stille und verbringt dort Zeit im Einklang mit der Natur, mit dem Glauben. Sie feiert Ostern, weil es nicht nur irgendeine Zeit im Jahr ist in der es Geschenke gibt, sondern weil Jesus gestorben und auferstanden ist. Ich feiere Ostern normalerweise ohne ein solches Bewusstsein und auch ohne eine solche Freude, wie es meine Mutter tut. Ich sollte sie beneiden. Ich bin normalerweise zu Hause, in meinem zweiten Zuhause, mit meiner Familie, ohne Freunde, und suche meine Geschenke, die mich zum Lächeln bringen aber mir nicht diese unbändige Freude schenken – vielleicht bin ich auch zu undankbar.

Aber dieses Ostern war nicht normal. Es war anders. Alles war anders.

Am Abend hätte ich wieder in Berlin ankommen sollen, aus Würzburg kommend, einer Stadt, die auch mein Herz erobern konnte. Ich hätte im Zug gesessen, geschlafen, kein bisschen an Jesus gedacht und Musik gehört oder überhört, während ich aus dem Fenster geschaut und all die kleinen Örtchen gesehen hätte, die Schönheit zu versprechen scheinen. Ich wäre nachts in Berlin angekommen, meiner Heimat, und hätte ein Leuchten in den Augen gehabt, weil Berlin für mich der schönste Ort von allen ist – trotz allen Drecks. Als ich am Karfreitag etwa nachmittags diesen Gedanken hatte, war ich mit meiner Mutter in der Schönholzer Heide spazieren. Wir haben an diesem Tag viel geredet, viel gelesen und gesungen, viel an Jesus gedacht. Und wir haben viel gelacht. Wir waren mit Freude zusammen. Am Abend haben wir einen so schlechten Liebesfilm geguckt, dass er wieder gut war, und uns heimlich auf den nächsten Tag gefreut.

Bei meiner Mutter konnte ich aufstehen, bei meinem Vater einschlafen.

Ich wäre eigentlich zu meinem Vater gekommen am Samstag, um, wie gewohnt, die Osterstunden mit ihnen zu verbringen. Es kam anders. Auch den Karsamstag habe ich in diesem Jahr mit meiner Mutter durchlebt. Wir haben gebacken, gegessen und vielleicht sogar noch mehr gelacht als den Tag zuvor. Wir waren mit noch mehr Freude zusammen. Unser Haus war bereit für Ostersonntag. Wir waren bereit für Ostersonntag.

Ich hätte auch an diesem Tag nur ein Zuhause sehen können, nur ein Elternteil. Ich wäre bei meinem Vater gewesen und hätte Geschenke gesucht. An diesem Ostern konnte ich beide Zuhause sehen, beide Elternteile sehen. Bei meiner Mutter konnte ich aufstehen, bei meinem Vater einschlafen. Hier habe ich Ostern mit dem Glauben verbracht, da mit der Familie. Hier konnte ich tanzen und singen und auf dem Klavier herumklimpern, da konnte ich so unfassbar lecker essen, unnötige und lustige Diskussionen führen und ein Filmfestival miterleben, das in seiner Einzigartigkeit nur in unserem Haus stattfinden kann.

Dieses Jahr war sie mein Geschenk.

Wir alle waren dieses Mal mit Freude zusammen. So ein Ostern hatte ich schon viel zu lang nicht mehr. Es war dieses Jahr so innig, so harmonisch, so wunderschön. Ein Fest voller Liebe. Und das sollte immer so sein. Ich bin überrascht, dass gerade eine Krise, wie sie gerade die ganze Welt im Sturm erobert, unsere Normalität so aus dem Gleichgewicht bringen kann, dass ich anfange gerade dieses Abnormale lieben zu lernen. Normalität blendet uns manchmal zu sehr.

Selbst meine Mutter hat in Berlin einen Ort der Ruhe, der Stille finden können – auch, wenn unser kleines Häuschen an den S-Bahn-Schienen liegt, getrennt einzig und allein durch eine Schallschutzmauer, die uns nicht schützt, sondern uns nur noch mehr Schalllärm schickt. Es hat nicht gestört. Sie musste dieses Ostern nicht an einen anderen Ort, um im Einklang mit der Natur und dem Glauben zu sein. Wir haben alles in Berlin gefunden. Wir haben alles in unserem Zuhause gefunden. Meine Mutter war an Ostern zu Hause. Dieses Jahr war sie mein Geschenk. Danke, Mama!

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