Prominent gefragt: Olivia Jones

Olivia Jones ist Travestiekünstlerin. Gerade erschien ihr Kinderbuch „Keine Angst in Andersrum“.
Olivia Jones ist Travestiekünstlerin. Gerade erschien ihr Kinderbuch „Keine Angst in Andersrum“.

Olivia Jones fragt: „Liebe Jugendliche, warum ist ‚schwul‘ bei einigen von euch ein Schimpfwort – und was unternehmt ihr gegen die Diskriminierung von Mitschülern, die vielleicht einfach etwas anders sind als andere? Ich habe als Schüler zwar sehr darunter gelitten, aber es hat mich stark und zu dem gemacht, was ich heute bin. Aber andere zerbrechen oft daran, wenn man ihnen das Gefühl gibt, sie wären nicht ‚normal‘.“

Die Jugendredaktion antwortet: Liebe Olivia Jones, natürlich stimmt es: Das Wort „schwul“ wird unter Jugendlichen häufig wie eine Beleidigung verwendet. Warum viele Schüler es als Schimpfwort benutzen, wissen sie oft selbst nicht. Viele von ihnen würden wahrscheinlich nicht einmal sagen, dass sie speziell etwas gegen schwule Männer hätten. Das ist nicht als Entschuldigung gemeint. Im Gegenteil, es zeigt, wie gedankenlos sie sind.

Ein Beispiel: Neulich fuhr ich mit dem Fahrrad von der Schule nach Hause und musste dabei ein Stück auf dem Gehweg fahren. Prompt rief mir ein Mann das Wort „Tunte“ hinterher. Ich bezweifle, dass er darüber nachgedacht hat.

Viele setzen schwul mit schwach gleich. Wer schwul ist, sei kein richtiger Mann, hört man ab und an. Natürlich ist das Unsinn. Es gibt keinen einzigen Beleg für diese Behauptung, dafür aber genügend lebende Beweise dagegen: Klaus Wowereit war jahrelang der „starke Mann“ in Berlin. Der Fußballer Thomas Hitzlsperger ist ein weiteres Beispiel für einen Schwulen, der ein „richtiger Mann“ ist – was immer das heißen mag. Menschen, die „schwul“ wie ein Schimpfwort gebrauchen, müssten einfach besser aufpassen. Auch und gerade im Jugendalter. Denn du hast recht: Vor allem in der Schule gibt es viel Diskriminierung. Ich glaube, das liegt daran, dass viele Jugendliche sich noch nicht ihr eigenes Bild von der Welt gemacht haben, sondern sich an Klischees orientieren.

In meinem Umfeld wurde zwar -bisher nie ein Jugendlicher bewusst -wegen seiner Sexualität diskriminiert. Aber wer „schwul“ als Beleidigung benutzt, grenzt auch aus. Und -gemobbt wird natürlich auch an meiner Schule, wenngleich das wegen anderer Dinge passiert – falsche Klamotten, falsches Verhalten, uncoole Freunde. Wenn ich sehe, wie sich -viele gegen einen oder eine Minderheit stellen, ist das Beste, was ich tun kann, mich nicht als Mitläufer auf die Seite der „Starken“ zu stellen. Zumal die echten Starken – siehe oben – oft gerade die sind, von denen andere pauschal behaupten, sie seien schwach.

Ihre Marlene Mähler (15 Jahre)

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Vor 18 Jahren wurde ich in Berlin geboren und wusele seitdem dort durch die Gegend, immer offen für interessante Begegnungen und skurrile Situationen, auf der Suche nach mir selbst oder der, die ich sein möchte. Mich interessieren Musik, Theater, Politik, Natur und vor allem Menschen. Weil ich gern über alles nachdenke, schreibe ich auch gern. Denn – wenn ich all das, was ich denke, aufschreibe, bekomme ich Klarheit in meinen Geist und schöpfe Energie. Ich habe den Drang mich mit so vielen Themen wie möglich auseinanderzusetzen, gleichzeitig möchte ich andere Berliner*innen zum Nach- und Weiterdenken anregen. Beides vereine ich seit 3 Jahren in der Jugendredaktion.

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