Alter Egos

EulenkleinSusanne, 17 Jahre, aus Reinickendorf möchte wissen:

 

„Als der Friedensnobelpreisträger Nelson Mandela am 5. Dezember starb, haben Menschen auf der ganzen Welt um ihn getrauert. Plötzlich schien der Name Mandela in aller Munde. Einen Monat später hingegen spricht über Mandelas Tod niemand mehr. Wie, glauben Sie, wird seine Wirkung auf die Nachwelt sein?“

 



Herr Höff antwortet:

 

Als Nelson Mandela starb, war das ein welthistorisches Ereignis, was nicht zuletzt durch die Teilnahme aller bedeutenden Staatschefs bei seiner Beerdigung zum Ausdruck kam.
Von seiner Geburt nahm vermutlich nur seine Familie Kenntnis, obwohl er in einen höhergestellten Stammesklan hineingeboren wurde.
Vielleicht wird man später dennoch an seinem Geburtstag an ihn erinnern.

 

Aber wenn dann eine Rede zur Bedeutung seiner Geburt gehalten werden soll, dürfte dem Redner kaum etwas Gescheites einfallen, weil sich die Bedeutung Mandelas erst viel später herausbildete. Darüber wird aller Voraussicht nach gesprochen werden, Mandelas Geburtstag wird vielleicht lediglich den Anlass dazu bieten. 
Eine ähnliche Erfahrung kann man jedes Jahr machen, wenn man in einen Weihnachtsgottesdienst geht. Abgesehen von den Reden über die Wanderung der Hirten und die erfolglose Herbergssuche, kommen die Prediger je nachdem, welcher Konfession sie sind, recht schnell auf allgemeinere Themen wie „Vergebung“ und „Liebe“ (eher katholisch) oder einfach „Friede“ und „Freude“ (eher evangelisch) zu sprechen.

 

Dass ein Ereignis, das immerhin unsere Zeitrechnung bestimmt, unter so widrigen Umständen stattgefunden haben soll, ist vielleicht wirklich eine schlechte Vorlage für eine Predigt. Eine gute Geschichte ist es aber auch. In der Kirche wird dennoch mehr über die abstrakten Themen gesprochen. Das liegt daran, dass die Taten und die Werte, die hinter ihnen stehen, wichtiger sind als die einzelnen Person. 
Ich will Nelson Mandela überhaupt nicht mit Jesus vergleichen, weil beide natürlich nicht miteinander vergleichbar sind.

 

Aber an der Weihnachtsgeschichte lässt sich gut zeigen, dass man einer ehrenwerten Person nicht dadurch die Ehre erweist, dass man über einen gewissen Zeitraum an sie erinnert, sondern dadurch, dass man immer wieder daran denkt, wie sie gehandelt hätte. 
Zum Schluss nun doch noch eine Gemeinsamkeit beider Biografien: Sie zeigen, dass auch etwas, das so unwahrscheinlich ist, dass es kaum jemand zu hoffen wagt, Wirklichkeit werden kann. In diesem Sinne ein frohes neues Jahr 2014.

 

Habt ihr auch eine Frage an unsere Alter Egos, die in allen Lebenslagen mit der Kraft der zwei Erfahrungsschätze Rat wissen? Schreibt uns unter spreewild.de

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Kategorien Gefühle

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