Alter Egos

Foto: Raufeld
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Bert, 16 Jahre, aus Pankow fragt: „In den Medien wird gerade das Thema Daten­sicherheit diskutiert. Wie sehr muss man sich denn da gefährdet fühlen?“



 

Herr Höff antwortet: An der Wohnungstür wird Sturm geklingelt, nach dem Öffnen der Tür stürmen Gestalten herein, die vom Mars kommen könnten, aber sie sprechen Deutsch. Alle müssen sich auf den Fußboden legen, dann beginnt ein Verhör.
Irgendwie hatten sie erfahren, dass wir eine größere Menge Bier per Handy geordert hatten.

 

Jetzt werden wir verdächtigt, die Getränke für eine staatsfeindliche Versammlung beschafft zu haben, dabei war der alleinige Grund für den Einkauf, dass für die Lieferung in die Wohnung eine Mindestmenge von 60 Flaschen erforderlich war und bei Abnahme dieser Größenordnung auch der Preis sehr günstig war. Jetzt sollen noch alle Computer und Handys konfisziert werden, aber da wache ich aus meinem Albtraum auf.

 

Ganz kann ich das Gefühl von Panik noch nicht abschütteln, auch weil ich weiß, dass es für Schnüffler dank der elektronischen Kommunikation kein Problem ist, meine Kommunikation, die ich per Handy oder Mail oder Telefon abwickle, nachzuvollziehen. Aber zum Glück interessiert sich niemand wirklich dafür. 
Es soll ja Leute geben, die gern allen, die es wissen wollen, ihre Aktivitäten und Stimmungen in Echtzeit mitteilen. Aber auch für die wird sich kein Geheimdienst interessieren. 
Wenn man sich wirklich für Geheimdienste interessant machen wollte, müsste man in den Mails wohl Wörter wie „Bombe“, „Anschlag“ oder „Maschinengewehr“ einschieben.

 

Dann könnte der Albtraum Wirklichkeit werden. Aber wer will schon tatsächlich ins Visier der Geheimdienste geraten? Da liegt das Problem: Verdächtig ist man eigentlich nicht, E-Mails und Telefonate werden aber dennoch von einem angezapft, vorsichtshalber, falls man doch einmal interessant werden sollte. 
Ehemalige DDR-Bewohner, die sich des Interesses der Stasi an ihren Telefongesprächen sicher sein konnten, haben bestimmt noch nicht verlernt, ihre Kommunikation so zu formulieren, dass selbst die böswilligsten Schnüffler nichts erfahren, was sie nicht erfahren sollen.

 

Um der Stasi das Überlegenheitsgefühl beim Abhören des Telefons zu verderben, konnte man schon mal einen Satz einfließen lassen wie: „Rede nicht so schnell, das Tonband der Stasi kommt sonst nicht mit!“ Eine ähnlich respektlose Bemerkung könnte man ja heute an die Mails anhängen, nur um klarzustellen, dass Datenschnüffelei kein Verdienst, sondern eine Sauerei ist.

 

Dein Manfred



 

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