Alter Egos: Sollte man eigentlich noch Soldat werden?




Foto: Raufeld



Tom Fauser, 18 Jahre, aus Kreuzberg fragt die Alter Egos: „Zurzeit wird ja die Bundeswehr umstrukturiert. Sollte man eigentlich noch Soldat werden? Sind Sie mal einer gewesen?“


Herr Höff antwortet: Na, wie soll man sich da zurückhalten, wenn das sozialistische Vaterland in Gefahr ist und von Klassenfeinden aller Art bedroht wird? Da kann es nur heißen: Volle Kampfbereitschaft und so weiter.
So hätte es die Staatsführung der DDR gerne gehört, nur war mir längst klar, dass der Feind der DDR-Gesellschaft sich nicht außerhalb der Staatsgrenzen befand, sondern dass genau diese Staatsführung, die weder durch Wahlen und schon gar nicht durch irgendwelche Fähigkeiten legitimiert war, als das eigentliche Übel erkannt werden musste.


Zugegeben, ich hätte sowieso keine Lust gehabt, mich Kasernendrill und Befehlsdünkel unterzuordnen. Deshalb kam auch die Variante „Bausoldat“ nicht in Frage. Die Möglichkeit, aus Gewissensgründen die Ausbildung an Waffen zu verweigern und statt dessen einer Baueinheit zugeteilt zu werden, gab es tatsächlich in der DDR.


Während meines Theologiestudiums hatte die sogenannte Nationale Volksarmee an meiner Teilnahme zum Glück kein Interesse. Das änderte sich nach Abschluss des Studiums und dem Beginn meiner Tätigkeit als Mitarbeiter des Benno Verlages. Die Aufforderung, zur Einberufungsüberprüfung beim Wehrkreiskommando zu erscheinen, habe ich mit der lapidaren Mitteilung beantwortet, dass die Aufforderung zu kurzfristig erfolgt sei und ich auf Grund meiner verantwortlichen Tätigkeit im Benno Verlag terminlich verhindert bin. Eine weitere Aufforderung möge doch rechtzeitig zugestellt werden. Ich habe dann nie wieder etwas vom Wehrkreiskommando gehört. Offensichtlich war ich für den Dienst in der Armee doch nicht geeignet.


Um das eigentliche Übel der DDR-Gesellschaft, nämlich die Gerontokratie der Unfähigen abzuschaffen, wurden keine Waffen gebraucht. Der letzte dieser Gerontokraten, Erich Honecker, hatte den weisen Spruch abgelassen, dass die Mauer so lange stehen würde, bis die Ursache für ihre Existenz beseitigt ist. Das hat er richtig erkannt, nur hat er nicht realisiert, dass er und sein Bonzen-Stab diese Ursache ist. Tatsächlich verschwand die Mauer nur drei Wochen nach dem Abtritt Honeckers. 


Dein Manfred



Und ihr? Eine Pflicht zum Wehrdienst gibt es nicht mehr. Wollt ihr freiwillig Soldat werden?

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