Mut zum Laufen

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Foto: GTÜ / pixelio.de

Wenn meine Oma früher zur Schule musste, rannte sie gemeinsam mit ihren Geschwistern einen großen Teil des Weges. Von ihrem Haus auf einem Berg am Rande Berlins mussten sie durch einen Wald und an Feldern vorbei. Es gab nur eine große Straße, die sie überqueren mussten. Über das Kopfsteinpflaster konnten die Kinder im Winter nur auf allen vieren gelangen, weil alles vereist war. Damals machte sich kein Erwachsener Gedanken darum, dass der Weg womöglich zu weit oder zu beschwerlich sein könnte.
Heute haben viele Eltern offenbar schon Angst, ihren Kindern den meist kurzen Weg zur Grundschule zuzumuten. Viele Schüler werden mit dem Auto gefahren. Dabei stellte eine Studie der Bergischen Universität Wuppertal im Auftrag des ADAC nun fest, dass dieser Transfer statistisch gesehen sogar gefährlicher ist, als wenn die Kinder zu Fuß gehen. Die Fußgänger haben weniger Unfälle im Straßenverkehr als die Mitfahrer. Erklären lässt sich das unter anderem damit, dass diejenigen, die jeden Tag aktiv am Straßenverkehr teilnehmen, die Regeln besser verinnerlichen, während diejenigen, die von ihren Eltern normalerweise gefahren werden, weniger achtsam sind, wenn sie doch einmal eine Straße überqueren müssen, oder Situationen nicht richtig einschätzen können.
Die bessere Verkehrserziehung ist aber nicht der einzige Grund, aus dem es empfehlenswert ist, als Schüler die eigenen Beine zu nutzen anstelle des fahrbaren Untersatzes der Eltern. Es geht auch um Selbstständigkeit. Ich war stolz, als ich endlich allein zur Schule gehen durfte. Es machte mehr Spaß, zusammen mit Freunden zu laufen, als mit den Eltern unterwegs zu sein. Wir balancierten auf Beetumrandungen und zählten die Hinweisschilder für Hydranten an den Häusern. Auf dem Rückweg wurde getrödelt, sich verabredet, am Kiosk wurden überteuerte Aufkleber gekauft oder noch ein Eis. Einzig lästig waren die schweren Schulranzen. Aber das ist ja mittlerweile auch kein Problem mehr: Heute gibt es Schulmappen mit Rollen – und damit erst recht keine Entschuldigung mehr, sich von Mama oder Papa chauffieren zu lassen. (von Laura Harmsen, 23 Jahre)

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Kategorien Lifestyle Zwischendurch

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