Generation Ego

Eine Studie hat den Beweis erbracht: Jugendliche werden immer egoistischer. Na und? Uns doch egal

Geahnt haben wir es schon lange. Vor allem, wenn in der S-Bahn die solariumgetoastete Schrippe auf dem Sitz gegenüber in an Ruhestörung grenzender Lautstärke Sätze wie „Ey, isch schwöre, Mandy is voll die Bitch, Alter“ in ihr Handy grölt, während ihr mitgeführter Pitbullwelpe derweil unbehelligt nach den Waden der Mitfahrer schnappt. Doch nun ist es endlich auch statistisch belegt: Ja, wir Jugendlichen von heute sind eine Generation egoistischer und egozentrischer Narzissten, die nichts und niemanden außer sich selbst sehen.

Das zumindest besagt eine Studie des US-amerikanischen Psychologen Keith Campbell, der zufolge Jugendliche aufgrund des allgegenwärtig herrschenden Superstarkults und der zahlreichen Möglichkeiten zur Selbstdarstellung in sozialen Netzwerken wie Facebook oder StudiVZ allmählich verlernen, auf andere zu achten und Rücksicht zu nehmen und stattdessen zunehmend nur noch an sich selbst denken.

Keine Frage, der Mann hat Recht. Vergessen wird allerdings, dass sich auch unter älteren Semestern prominente Beispiele für Egoismus und Selbstfixiertheit finden. Beispiele, gegen die selbst eine fünfzehnköpfige, dosenproseccokippende Partyfraktion aus Solariumschrippen mit Pitbullanhang in der S-Bahn vergleichsweise harmlos daherkommt. Da soll es beispielsweise Außenpolitiker geben, die egoistisch genug sind, Dienstreisen ins Ausland zu nutzen, um private Geschäftskontakte auszubauen, und selbstfixierte ehemalige Berliner Finanzsenatoren, die glauben, nicht weiterleben zu können, wenn ihr Name nicht mindestens einmal pro Quartal wegen verbaler Entgleisungen in den Schlagzeilen steht. Zugegeben, diese Beispiele dienen nur dazu, das negative Bild, das die Studie von Jugendlichen zeichnet, zu relativieren. Sie sind insofern purer, egoistischer Eigennutz seitens der Jugendredaktion. (Vivian Yurdakul, 20 Jahre)