Hochkultur und Subkultur

Pop- oder Punk-Konzert? Off-Bühne in Neukölln oder Charlottenburger Renaissance-Theater. Hollywood-Streifen im Kino am Alex oder Autorenfilme im wohnzimmergroßen Vorführsaal in Friedrichshain? Kunstausstellung im besetzten Haus oder in der Neuen Nationalgalerie? Manche von Berlins Kulturstätten sind weltberühmt, andere kennt kaum eine Handvoll Einheimischer.
Wir möchten alle entdecken und schauen, was wirklich interessant ist!

 

Sammlung Boros im Kunstbunker

 

 Julia Schattauer

 

Bunkeraußenansicht. Foto: Schattauer
Bunkeraußenansicht. Foto: Schattauer

Man muss den Kopf in den Nacken legen, um die imposanten grauen Außenmauern ganz sehen zu können. Der erste Eindruck vom „Kunstbunker“ ist groß, grau und nicht gerade einladend. Deshalb dauert es auch ein paar Minuten, genauer gesagt zwei Umrundungen, bis wird die Tür ins Innere finden. Die Führung hat schon begonnen und wir mischen uns unauffällig unter die Teilnehmer. Die junge Frau, die die Gruppe durch die Räume führt, spricht mit leiser aber fester Stimme. Sie erzählt von der schwierigen Umbauphase, von der Wandlung des Bunkers, der Gefangenenlager, Bananenbunker und Techno- und Fetischclub war. Der Umbau dauerte statt der geplanten zwei, ganze fünf Jahre. 80 der rund 130 Räume wurden erhalten und auf dem Dach ein gläserner Pavillon, das Wohnhaus der Sammler, errichtet.

 

Mit einem lauten Donnern wirft die Sammlungsführerin die Tür ins Schloss. „Das gehört zur Installation“, sagt sie und lächelt fast schon entschuldigend. Im ersten Ausstellungsraum erwartet uns eine Art Hochbett, welches aus Resten eines Baugerüsts hergestellt und komplett mit schwarzer Farbe besprüht wurde. Aus einer kleinen quadratischen Aussparung in der Seitenwand schallt ein elektrisches Brummen. Die ganze Installation mit dem Titel „Teenage Room“ von Klara Lidén wirkt unheilvoll. „Gehen wir zum nächsten Raum.“ fordert uns unsere Sammlungsführerin auf und weist auf das Loch in der Seitenwand. Wir lächeln bis uns klar wird, dass sie es ernst meint. Also quetschen wir uns durch die Aussparung, wir wollen schließlich keine Spielverderber sein.

 

2008 eröffneten der Wuppertaler Werbeagenturchef  und Kunstsammler Christian Boros und seine Frau Karen den Museumsbunker. Sie zeigen raumumfassende Installationen von bekannten zeitgenössischen Künstlern wie Ai Wie Wei oder Cosima von Bonin aber auch junge noch unbekannte Künstler.

Ein Haupt- und immer wiederkehrendes Thema in den ausgestellten ist der Klang.

 

Sei es das Schleifen von Ästen auf dem Boden eines Baumes, der kopfüber an der Decke hängt, das beständige Ploppen einer Popcorn-Maschine, die im Dauerbetrieb für süßen Nachschub sorgt oder die sogenannte „anarchistische Orgel“, die dank Verzerrer und Effekt keine vorhersehbaren Melodien wiedergibt. Neben dem akustischen Sinn wird auch das Zeitgefühl angesprochen und psychisch erfahrbar gemacht: Alicja Kwade installierte eine Uhr, deren Ziffernblatt mit einem Spiegel verdeckt wurde. Statt der Bewegung des Zeigers erblickt man sein eigenes Spiegelbild und bemerkt das Vergehen der Zeit akustisch als lautes Ticken des Uhrwerkes.

 

Die Kunstwerke im Museumsbunker sind imposant. Schreckmomente, unheimliche Geräusche aber auch amüsante Entdeckungen und verspielte Malereien sprechen die Sinne an. Die Kunst kann man erleben und das geht ganz ohne Hintergrundwissen und detailierte Erklärungen, sie ist für jeden individuell erfahrbar.

 

Picasso im Berliner Kupferstichkabinett

 

Aniko Schusterius

 

Der Kunstunterricht war noch nie meine Stärke. Dass ich gern ein kleiner Nachwuchs-Dürer wäre, aber es leider nicht bin, werden sicherlich alle Kunstlehrer meiner schulischen Laufbahn bestätigen. Das ist auch der Grund, aus dem ich mich entschloss, im Abitur Kunst abzuwählen. Mir fiel jedoch auf, dass die Kunstlehrer immer die besten Lehrer waren und einen nie spüren ließen, wie dürftig die eigenen Malkünste doch sind.

 

Nur weil ich nicht malen kann, heißt das ja nicht, dass ich Kunst nicht schätzte. So bin ich ein Fan von Galerien und Ausstellungen geworden und sah schon Bilder von van Gogh und Rembrandt oder Werke von Dalí.

Letzten Sonntag kam Picasso dazu. Im Berliner Kupferstichkabinett werden noch bis zum 12. Januar einige seiner Werke in einer Ausstellung gezeigt. Insgesamt schuf er über 50 000 was kaum zu glauben ist.

 

Kaum zu glauben war für mich auch das umfangreiche Wissen des Guides, der eine kurze Einführung in die Ausstellung gab. Da kenne ich die Aushilfsstudenten, die sich Geld dazu verdienen wollen. Oder ältere Herrschaften, deren Vortrag so wirkt, als gehörten sie selbst zum Inventar. Der junge Mann war anders.

 

Schon nach wenigen Minuten hingen alle förmlich an seinen Lippen. Neben den Informationen zu den einzelnen Werken, punktete er mit zahlreichen Daten und Zahlen zu weiteren Zusammenhängen, gewürzt mit lustigen Nebenstorys.

 

Nach rund zwei Stunden verließ ich die Ausstellung gut gelaunt und voller Ideen, ein eigenes Gemälde zu malen. Doch da viel mir wieder ein: Ich bin nicht Picasso.

 

 

 

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90er-Kid, Bücherwurm, Weltenbummler. Ich liebe Musik und das geschriebene Wort. Letzteres kann man von mir seit 2012 hier lesen. Meine große Leidenschaft gilt dem Theater, das mich mehr als alles andere fasziniert. Wenn ich durch die Straßen Berlins laufe, kommt mir das Leben vor wie eine Aneinanderreihung vieler kleiner Inszenierungen, deren Geschichten alle festgehalten werden wollen. So inspiriert mich unsere Hauptstadt stetig zu neuen Themen für unsere Seite.