Lieber alte Pauker als unfähige Quereinsteiger

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Josephine Valeske meint, dass Lehrer auf Lehramt studiert haben sollten.
Foto: Privat

Es gibt für Schüler kaum etwas Schlimmeres als Lehrer, die seit gefühlten 573 Jahren denselben Stoff herunterbeten, vom Internet höchstens in Science-Fiction-Romanen gelesen haben und sich beklagen, dass man den Nachwuchs nicht mehr in den Karzer werfen darf. Da klingt es nach einer guten Idee, Quereinsteiger an die Schulen zu holen.

 

In Berlin können wegen des Lehrermangels jetzt alle Akademiker mit einem Diplom-, Magister- oder Masterabschluss in einem sogenannten „Mangelfach“ (in Berlin sind das alle außer Erdkunde und Geschichte) als Quereinsteiger an Schulen unterrichten, noch während sie parallel zu Lehrern ausgebildet werden. Sie beginnen praktisch von einem Tag auf den anderen mit einem Referendariat und 19 Arbeitsstunden in der Woche, weitere kommen für Didaktikkurse dazu.

 

Dass es auch gewaltig schiefgehen kann, zeigt sich, wenn ein studierter Chemiker zum ersten Mal vor einer Klasse steht und einfach nicht die Grundautorität hat, die vielleicht die einzige Eigenschaft ist, die wirklich jeder gute Lehrer besitzen muss. Das Fachwissen kann noch so gut sein, wenn die Lehrer zu schüchtern oder zu herablassend sind oder sie den Stoff nicht vermitteln können, wird der Unterricht für sie wie auch für die Schüler zur Qual, der Stoff kann so nicht vermittelt werden. Es hat einen Grund, dass es ein Studium mit Lehramtsoption gibt.

 

Die Versuche des Senats, die Abwanderung von Junglehrern auszugleichen, die er durch den Verbeamtungsstopp und andere Maßnahmen selbst herbeigeführt hat, können nicht fruchten, wenn die Lehrer nicht vernünftig eingearbeitet werden.

 

Dazu müssten sie, wie die Junglehrerinitiative „Bildet Berlin“ am vergangenen Donnerstag bei einer Kundgebung forderte, wenigstens ein vierwöchiges Probepraktikum und einen dreimonatigen Vorbereitungslehrgang in angewandter Pädagogik ableisten. Zudem sollten Referendare zunächst von erfahrenen Kollegen begleitet werden. Die Älteren müssten dazu aber entsprechende Unterrichtszeit eingeräumt bekommen.

 

Anders als in Berlin, wo bis 2020 geschätzte 12 000 Lehrer neu eingestellt werden müssen, ist das Bewerber-Stellen-Verhältnis anderswo übrigens entspannt. Daran zeigt sich einmal mehr das Grundproblem der deutschen Schulpolitik. Jedes Bundesland entscheidet für sich, was es den Lehrern bietet. Dass Berlin dabei schlecht abschneidet, bekommen die Schüler zu spüren, die in den vergangenen Jahren eigentlich genügend Experimente über sich ergehen lassen mussten.

 

(Von Josephine Valeske, 17 Jahre)

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