Tanzen Brasilianerinnen besser?

Ein Verein hilft Unternehmen, ihre Auszubildenden für das Thema Rassismus zu sensibilisieren

Bedeutet Integration lediglich, dass sich Einwanderer der deutschen Kultur anpassen? Wie kann man dafür sorgen, dass alle, die hier leben, ihren Glauben uneingeschränkt ausüben können? Und ist vor Rassismus geschützt, wer fließend Deutsch spricht? Diese und andere Fragen diskutierten bei einem Workshop über Rassismus, Diskriminierung und Rechtsextremismus rund 20 Vattenfall-Auszubildende im Aus- und Fortbildungszentrum des Energieanbieters.Eingeladen hatte dazu der Verein für Demokratische Kultur in Berlin. Mit dem Projekt Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus Berlin besucht der Verein nicht nur Schulen, sondern auch Betriebe. „Wir versuchen vor allem, mit den Jugendlichen einen Wissensaustausch zu erreichen“, sagt Coach Michael Trube. Seit zehn Jahren beschäftigt er sich zusammen mit seiner Kollegin Sabine Hammer intensiv mit der Bekämpfung von Rechtsextremismus. „Wir haben gezielt einen Partner gesucht, der uns helfen kann, auf diesem Gebiet Prävention zu leisten“, sagt Harry Budwilowitz, Ausbildungsleiter von Vattenfall in Berlin.

Selten wird rechte Gesinnung so buchstäblich zur Schau getragen. Ein Berliner Verein macht Azubis auf versteckten Rassismus aufmerksam. Foto: Dpa Mathhias Hiekel
Selten wird rechte Gesinnung so buchstäblich zur Schau getragen. Ein Berliner
Verein macht Azubis auf versteckten Rassismus aufmerksam. Foto: Dpa Mathhias Hiekel

Sein Unternehmen ist eines von vielen, das die Leistung des Vereins in Anspruch nimmt. Viele andere reden darüber aber nur ungern. Ihre Sorge ist, es könne vermutet werden, die Firma hätte Probleme mit Rassismus. Darum geht es aber nicht. „Wir legen neben der Fachkompetenz in unserer Ausbildung auch Wert auf die Sozialkompetenzen der Auszubildenden. Ein respektvoller Umgang und Toleranz sind uns ein wichtiges Anliegen. Der Workshop ist ein Baustein dafür.“ So geht es in dem Workshop auch bei Weitem nicht nur um organisierten Rassismus, wie man ihn von Neonazis kennt.

Trube und Hammer nutzen etwa eine Umfrage, die Aufschluss über die Benachteiligung ausländischer Bewerber gegenüber deutschen Bewerbern mit gleicher Qualifikation gibt. „Wir wollen, dass unser Programm an die Lebensrealität der Jugendlichen anknüpft, damit die Themen nicht abstrakt bleiben“, sagt Trube. „Da viele Faktoren zu einer rechtsextremen Haltung führen können, möchten wir die Jugendlichen dafür sensibilisieren, was Rechtsextremismus überhaupt bedeutet. Sie sollen stärker reflektieren, was sie selbst sagen, auch wenn sie das nicht für rechtsextrem halten.“ Ein Beispiel ist der Satz „Brasilianerinnen können besser tanzen“. Als Hammer ihn an eine Arbeitstafel pinnt, entzündet sich eine angeregte Diskussion unter den Teilnehmern. „Auch wenn dieser Satz vermeintlich positiv ist, ist er nichtsdestoweniger rassistisch“, erläutert sie.

Für die Auszubildenden ist das ein neuer Aspekt. Felix (18) meint: „Der Begriff Rassismus hat eine viel komplexere Bedeutung, als ich dachte.“ Unterdessen fordert Azubi Larissa (22): „Es wäre gut, die Workshops künftig nicht mehr auf freiwilliger Basis, sondern verpflichtend durchzuführen. Man sollte versuchen, gerade Menschen auf Rechtsextremismus aufmerksam zu machen, die sich vor dem Thema verschließen.“

(Von Susann Ruscher, 23 Jahre)

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