Über ihre Erasmus-Zusage hat sich Mara sehr gefreut – und erst dann begriffen, was das genau heißt
Als ich mich im Januar für ein Erasmusjahr in England entschieden habe, war mir vermutlich gar nicht so wirklich klar, was das genau bedeuten wird. Im Ausland studieren klang in meinen Ohren gut und richtig, nach einer einzigartigen Erfahrung, für die man obendrein noch Geld bekommt. Als Englisch-Studentin konnte es auch nicht schaden, meine Sprachkenntnisse aufzufrischen. Und die berühmt-berüchtigten Erasmus-Partys sollte man vielleicht auch mal erlebt haben.
Meine Wahl fiel auf Birmingham: nicht zu klein, ohne überteuerten TOEFL-Test und genügend Kurse, die mich interessierten. Als die Zusage in meinem Mail-Postfach landete, wäre ich fast durch die U8 getanzt.
Kurz darauf wurde ich mit der ernüchternden Realität konfrontiert: Papierkram. Ich musste Anträge für das Auslandsstudium und ein Urlaubssemester stellen, einen Sprachtest absolvieren, Unterschriften für die Anrechnung der Kurse von beiden Unis besorgen und eine Seminarwahl treffen, die sogar noch umständlicher ist als an der HU. Bei all den Unterschriften und Bestätigungen fiel mir erst einen Tag vor meinem Flug auf, dass ich tatsächlich vergessen hatte, meinen Platz an der University of Birmingham zu akzeptieren. Nach einem Telefonat, das sich angefühlt hat wie die mündliche Englisch-Prüfung in der zehnten Klasse, konnte ich auch das abhaken und saß mit einem klammen Gefühl im Bauch in meinem leer geräumten Zimmer. Ob ich mich bis morgen Mittag tatsächlich bis nach Birmingham durchkämpfen würde?
Umzug in ein anderes Land – selbst für Organisationstalente eine Herausforderung
Immer noch leicht unruhig, habe ich mich um kurz nach zwei aus dem Bett gequält und bin nach Schönefeld gefahren – nur, um dort zu erfahren, dass mein Flug nach London viereinhalb Stunden Verspätung hat. Bisher habe ich als Entschädigung einen Latte macchiato und zwei Snickers bekommen, während ich in der zugigen Vorhalle einen neuen Zug buchen musste und reflektieren konnte, ob ich wirklich nichts vergessen hatte.
In ein fremdes Land ziehen ist nicht ohne. Kann ich meinen Handy-Vertrag wegen der Abschaffung der Roaminggebühren jetzt benutzen oder nicht? Muss ich zum ersten Mal in meinem Leben eine Versicherung abschließen? Was wird aus meinem WG-Zimmer? Wie finde ich ein neues? Und wie viel Gepäck kann ich wohl tragen?
Inzwischen sitze ich im Zug nach Birmingham und weiß, dass eine Auslandskrankenversicherung schnell abgeschlossen ist. Und, dass ich tatsächlich fast 45 Kilo durch die Gegend zerren und tragen kann. Mein WG-Zimmer habe ich untervermietet und in Birmingham eins gefunden habe ich auch. Ich hatte sogar die Wahl zwischen zwei verschiedenen Zimmern – eine Utopie, die ich mir angesichts des Berliner Wohnungsmarkts nie erträumt hätte. Also ziehe ich jetzt mit vier anderen Leuten in eines der für WGs typischen Reihenhäuser. Mein Spießer-Leben kann beginnen.
Mara berichtet regelmäßig über ihr Erasmus-Semester. Lest hier:
Teil 2: Die Ersti-Woche
Erasmus in Birmingham: England ist mehr als Tee und Dauerregen
Teil 3: Motivierte Studenten und gesellige Dozenten
Erasmus in Birmingham: Mit Kaffee und Keksen lernt es sich besser
Teil 4: Sooooo viele Studentengruppen – wie soll man da noch studieren?
http://www.spreewild.de/schule-zukunft/2018/03/erasmus-in-birmingham-studieren-zwischen-disney-und-akrobatik/