Scones, Tea Time und Pferdeäpfel: Warum ihr unbedingt darüber nachdenken solltet, zu WWOOFen

Viktoria hat in England ein Jahr lang geWWOOFt. Dabei ist sie von Farm zu Farm gereist, um auszuhelfen – unentgeltlich.

Muss man sich nach dem Schulabschluss wirklich direkt ins Studium oder in die Ausbildung werfen? Gibt es nicht eine Alternative zum Arbeitsalltag, der einen später sowieso noch lange genug in seinen Klauen halten wird? Wir zeigen euch, was man stattdessen alles in einem Gap Year anstellen kann.

Während Work & Travel in aller Munde ist, gehört WWOOF zu den weniger bekannten Gap-Year-Optionen. Die Abkürzung steht für World-Wide Opportunities on Organic Farms. Obwohl das Grundkonzept – von Farm zu Farm reisen und dort aushelfen – zunächst nicht neu klingt, gibt es einen wichtigen Unterschied: Die Jobs werden nicht mit Geld entlohnt. Stattdessen bekommt man im Austausch für das Volunteering Kost und Logis. Viktoria war für ein Jahr in England und hat dieses ungewöhnliche Angebot genutzt.

Um zu WWOOFen, kann man sich auf der Website für rund 20 Euro pro Land anmelden. Dabei stehen Nationen auf allen fünf Kontinenten zur Auswahl. Manche Farmen sind anders gar nicht zu kontaktieren und die Plattform erleichtert es enorm, den richtigen Gastgeber zu finden. Auf dem Portal kann man gezielt nach Informationen wie Arbeitszeiten, Art der Unterbringung oder Anzahl der anderen WWOOFer suchen.

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Die Kommune, in der Viktoria mehrere Monate verbracht hat, war eher spartanisch eingerichtet. Geschlafen hat sie mit mehreren anderen in einem Wohnwagen. Andere Gastgeber stellen ein Zimmer und ein eigenes kleines Bad zu Verfügung. Auch danach kann man auf der Website bei der Auswahl gezielt suchen. „Man darf einfach kein Hotel erwarten“, sagt Viktoria. „Man ist sowieso den größten Teil des Tages im Freien und es ist eine neue Erfahrung, weniger materialistisch zu leben.“ Schließlich ist WWOOFen auch kein Urlaub.

Stattdessen wird gearbeitet – je nach Farm vier bis acht Stunden pro Tag; mal allein, mal mit anderen WWOOFern oder Bewohnern der Farm. Vorerfahrungen werden nicht vorausgesetzt, aber wenn man etwas kann, sollte man es ruhig erwähnen. Wer schon mal im Sattel gesessen hat, darf auch mal die Pferde ausreiten. Wichtig ist aber letztendlich nur eines: „Man sollte bereit sein, Neues auszuprobieren“, rät Viktoria. WWOOFer, die sich lediglich einen billigen Urlaub erhoffen und keine Lernbereitschaft zeigen, können von den Farmern auch weggeschickt werden.

Dieses Geben und Nehmen, das nicht auf Scheinen und Münzen basiert, war für Viktoria eine ganz neue Lebensweise.

Wer sich ehrlich bemüht, hat aber nichts zu befürchten. Allerdings ist die Arbeit auf einer Farm auch eine Herausforderung: Die wenigstens sind daran gewöhnt, stundenlang Boxen auszumisten. „Ich bin selbst oft an meine körperlichen Grenzen gestoßen, aber es wird einfacher“, erinnert sich Viktoria. Die Gastgeber und anderen WWOOFer seien in den meisten Fällen so freundlich und inspirierend, dass sie die Anstrengungen wieder wettmachen.

Es lohnt sich, mindestens einen Monat zu bleiben, um wirklich auf dem Hof zu leben und sich nicht nur als Tourist zu fühlen. Das passiert nicht zuletzt, weil man keine Bezahlung verlangt. „Die meisten geben dir das Gefühl, dass du wirklich hilfst, und diese Anerkennung ist viel schöner als Geld“, sagt Viktoria. Dieses Geben und Nehmen, das nicht auf Scheinen und Münzen basiert, war für Viktoria eine ganz neue Lebensweise.

Wer also körperliche Arbeit und ein bisschen Dreck nicht scheut, der kann beim WWOOFen viel lernen und herausfinden, wie biologisches Essen produziert wird, das man nach einem anstrengenden Arbeitstag auf dem Teller findet. Viktoria hat in einem Jahr eine ganz neue Perspektive entdeckt: „Du entwickelst das Bedürfnis, ein bewussteres, natürlicheres und glücklicheres Leben zu führen.“

Wer erstmals länger ins Ausland will, sollte über einen Aufenthalt in England nachdenken, meint Viktoria. Denn es genügt, wenn man englisch spricht, die kleinen Communitys in den Dörfern seien oft herzlich und gastfreundlich – und wer würde sich nicht wohlfühlen mit Scones, Teatime und kleinen Pubs?

Ob man zwischen den Farm-Aufenthalten eine Pause einplant und Städte besucht, ist jedem selbst überlassen. Viktoria hat ihre Umgebung lieber an den freien Tagen erkundet und Arbeit und Reisen miteinander verbunden. Rückblickend erinnert sie sich daran, dass sie beim WWOOFen viel über sich selbst gelernt hat: „Man wächst über sich hinaus“, sagt sie. Allerdings hat sie auch von der Arbeit im Team viel mitgenommen, neue Stärken entdeckt und mehr Verantwortungsbewusstsein entwickelt. Als geborene Berlinerin konnte sie viel über Landarbeit lernen und entwickelte ein ganz anderes Bewusstsein für die Bedeutung der Natur und die Rolle des Menschen darin. Ihre Zeit in einer Kommune hat ihr außerdem die Illusion von dieser außergewöhnlichen Form vom Zusammenleben genommen. „Es ist beflügelnd, dass sich alle unterstützen und gemeinsam an einem Strang ziehen und man dennoch seine Individualität und Freiheit behält.“

Du möchtest noch mehr Möglichkeiten eines Gap Years kennenlernen? Wie wäre es mit Work & Travel in Neuseeland, einem Jahr als Au pair in London oder einen Bundesfreiwilligendienst!

Foto: www.indiefarmer.com

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