Versammlung der Bücherwürmer: Schüler wollen ihre Mitschüler fürs Lesen begeistern

Berlins Nachwuchs-Bücherwürmer haben sich zum Ideenaustausch getroffen. Sie wollen ihre Mitschüler für Bücher begeistern

Kilometerlesen, Buchstabenlauf, Lesenacht – so lauten drei der zahlreichen, wunderlich klingenden Projekte, die von den LeseProfis am Mittwoch im Rathaus Charlottenburg vorgestellt wurden. Etwa 200 Grund- und Oberschüler aus der Sekundarstufe I nahmen am Halbjahrestreffen des Peer-Projekts zur Leseförderung teil, um sich gegenseitig von ihren Erfahrungen zu berichten und mit neuen Ideen an ihre Schulen zurückzukehren.

„Wir haben Lego-Roboter gebaut“, berichtet der Viertklässler Florian und händigt stolz ein paar mitgebrachte Bilder der Modelle aus. Währenddessen erklärt er, dass die Schüler sich gegenseitig die Anleitungen vorgelesen haben, um dann beim Nachbauen festzustellen, wie viele der einzelnen Schritte sie tatsächlich verstanden haben. Nicht alle Projekte sind so ausgefallen wie dieses. Meist besuchen die LeseProfis Mitschüler aus den unteren Klassen und tragen ihnen einige Seiten aus verschiedensten Büchern vor ­– in der Hoffnung, dass der Nachwuchs selbst weiterliest und sich eines Tages dem Team anschließt. Dabei kommt es schon mal vor, dass sich eine Viertklässlerin in eine sechste Klasse traut und beherzt ihr Lieblingsbuch vorstellt.

Ins Leben gerufen wurde das Projekt vor gut vier Jahren von der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie, um die Lesekompetenz von Berliner Schülern zu fördern. Entscheidend ist dabei, dass die Kinder und Jugendlichen selbstständig Aktionen planen und die Lehrkräfte sie dabei nur begleitend unterstützen. Inzwischen sind bereits 39 Berliner Schulen beteiligt, darunter 21 Grundschulen und 18 weiterführende Schulen.

Durch Wettkämpfe wie das Kilometerlesen wird der Ehrgeiz junger Leser besonders geweckt. Hierbei hat die Klasse 20 Minuten Zeit, um gemeinsam möglichst viele Zeilen zu lesen, die anschließend ausgemessen und addiert werden. Eine Schülerin berichtet, dass leider nicht immer alles so abläuft wie geplant: „Wenn jemand quatscht, gibt es Punktabzug. Eine der Klassen hatte dadurch Minusmeter.“ Doch durch solche Misserfolge lassen sich die LeseProfis nicht entmutigen. Die meisten Teilnehmenden fänden an den Wettbewerben großen Gefallen und auch die Bücher kommen gut an. Neben dem Klassiker „Vorstadtkrokodile“ von Max von der Grün finden sich Romane wie Grit Poppes „Abgehauen“ oder „Löcher“ von Louis Sachar, die sich mit DDR-Flüchtlingen und amerikanischen Bootcamps befassen. Auch sonst orientieren sich die LeseProfis vor allem an moderner Jugendliteratur, Lessing und Goethe sind weiterhin dem Deutschunterricht vorbehalten.

Neues Lesematerial wird den Schülern an diesem Vormittag von Literaturvermittlerin und Kinderbuchautorin Tina Kemnitz vorgestellt. Nun dürfen die LeseProfis einmal selbst beim Vorlesen lauschen und lernen dabei nicht nur fünf witzige Jugendromane, sondern auch die Gedichtsammlung „Unterm Bett liegt ein Skelett“ kennen. Dank Beatbox­einlage und Gangster-Rap-Attitüde sind die Schüler auch von diesem ungewohnten Genre schnell begeistert. Der Band soll möglichst bald ins Bücherregal der Schule wandern.

Mara Buddeke, 18 Jahre

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