Sogenannte Gap Years werden bei Schülern immer beliebter
Vom Klassenzimmer direkt in den Vorlesungssaal? Für viele Schulabgänger ist das mittlerweile undenkbar. Zu verlockend ist die Möglichkeit eines Gap Years, also einer Auszeit zwischen Abitur und Studium oder Ausbildung. Was in angelsächsischen Ländern Tradition hat, wird auch hierzulande immer beliebter.
Die Verkürzung der Schulzeit von 13 auf 12 Jahre spielt dabei sicherlich eine Rolle. Schließlich weiß nicht jeder 18-jährige Abiturient nach der Schule gleich, wie er die nächsten Lebensjahre gestalten möchte. Einer Studie des Instituts Arbeit und Qualifikation (IAQ) zufolge sind rund 20 Prozent aller Jugendlichen unsicher, wie es nach dem Abschluss weitergehen soll. Viele meinen, dass ein Jahr Denkpause helfen kann, eine Entscheidung zu treffen. Denn ob ein Freiwilligendienst im kulturellen, sozialen oder ökologischen Bereich, Work and Travel rund um die Welt oder erste Praktika – während eines „Lückenjahrs“ lassen sich Eindrücke und Erfahrungen sammeln.
Unentschlossenen bietet die Auszeit so die Möglichkeit, sich beruflich zu orientieren. „Nach dem Abi wusste ich noch nicht, was ich machen möchte. Ich habe dann vier Monate in Frankreich und fünf Monate in Südamerika verbracht. Hinterher war ich mir sicher: Ich will französische und spanische Philologie studieren“, sagt die 20-jährige Laura.
Doch auch, wer schon weiß, was nach dem Abitur kommen soll, kann von einem Gap Year profitieren. Denn viele Programme, wie das Freiwillige Ökologische Jahr (FÖJ), bieten eine spezifische fachliche Ausrichtung. Wer etwa ein Biologie-Studium ins Auge fasst, kann bei einem FÖJ Einblicke in die Themen Umwelt und Nachhaltigkeit erhalten.
Natürlich ist die Entscheidung für oder gegen eine Auszeit auch nicht immer eine Frage des Willens – oft hängt sie davon ab, ob man auf Erspartes zurückgreifen kann oder Unterstützung von der Familie erhält.
Denn die Finanzierung gehört zu den großen Herausforderungen bei der Planung des Pausenjahrs. Bei einem Freiwilligen Sozialen Jahr (FSJ) in Deutschland erhält man im Durchschnitt rund 150 Euro monatliches Taschengeld. Große Sprünge oder gar der Auszug von zu Hause sind damit für die meisten nicht drin. Während eines FSJ im Ausland werden dagegen in der Regel alle Kosten von der jeweiligen Organisation gedeckt. Zudem gibt es auch Fördermöglichkeiten wie das Weltbürger-Stipendium, das Finanzierungshilfen für Freiwilligendienste anbietet.
Aber auch, wer sich ein Gap Year nach der Schule nicht leisten kann, muss nicht das Gefühl haben, dauerhaft etwas verpasst zu haben: Für Studenten bietet sich auch zwischen Bachelor und Master eine Auszeit an. So sieht es auch Charlotte (21): „Ich wusste schon in der Oberstufe, dass ich Anthropologie studieren möchte. Deshalb habe ich sofort nach der Schule damit angefangen. Ich überlege aber, nach meinem Bachelor auch ein Jahr Pause einzulegen.“
von Leonie Schlick, 21 Jahre