Liz Baffoe

Liz Baffoe fragt: „Welche Märchenfigur wärst du gerne?“

Prominente müssen der Presse ständig Tausende Fragen beantworten. Die Jugendredaktion dreht den Spieß um: Wir geben den Prominenten Antworten – auf alle Fragen dieser Welt.

Liz Baffoe fragt: „Welche Märchenfigur wärst du gerne?“

Die Jugendredaktion antwortet: Liebe Liz, der Gedanke an die fabelhafte Welt der Märchen ruft in mir glückliche Erinnerungen aus dem Kindergartenalter hervor. Wieder lausche ich Omas lieblich-rauer Lesestimme und tunke Butterkekse in heiße Milch. Doch trotz aller nostalgischen Glückseligkeit fällt retrospektiv die Identifikation mit einer der Figuren äußerst schwer. Ob Andersens kleine Meerjungfrau, die Grimm’schen Märchenklassiker oder modernere Disney-Adaptionen – sie alle verströmen den süßen Duft der Kindheit. Und gleichzeitig den konservativen Mief stereotyper Geschlechterrollen.

Liz Baffoe
Liz Baffoe wurde bekannt durch die Serie Lindenstraße. Foto: Promo

Sicher, die Helden in den Geschichten sind nicht immer männlich. Aber weder das naive Rotkäppchen, noch die passiven Scheintoten Dornröschen und Schneewittchen wollte ich zu meinem literarischen Alter Ego küren. Es scheint mir kaum attraktiv, von einem wildfremden Aristokraten wachgeküsst und durch sofortige Heirat gerettet zu werden. Die Liste der pseudoemanzipierten Protagonistinnen ist so lang wie der Bart der meist monochromen Märchenmoral: Goldmarie erkämpft ihr Glück in braver Hausfrauenmanier durchs Bettenschütteln und Brotbacken. Selbst die mutige Mulan kann ihre Abenteuer nur in Männerkleidung bestehen.

Wenngleich die zeitgenössische Filmindustrie die geliebten Originale gern mal „neu verföhnt“ und „völlig unverfroren“ adaptiert, entstehen auch dort selten brauchbare Vorbildfiguren. Noch im 21. Jahrhundert werden die märchenhaften Leinwandheldinnen mit dem monogamen, heterosexuellen Eheglück belohnt.

Die Märchenfigur, mit der ich mich identifizieren möchte, muss wohl erst erdichtet werden. So viel sei verraten: Sie putzt kein dreckiges Zwergengeschirr und ist weder atemberaubend schön noch unfehlbar tugendhaft. Sie träumt auch nicht von Heirat nach einem Blind Date. Vielleicht lädt sie einen Prinzen von ihrem selbst erarbeiteten Geld auf einen Fair-Trade-Kaffee ein. Einen Prinzen oder einen Bühnentechniker oder eine Wirtschaftsingenieurin. Natürlich hat sie auch eine Zauberkraft: medial manifestierte Genderklischees aus den Köpfen der Menschen wegzuhexen, sodass wir darüber bald sagen können: Es war einmal …

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Schreiben ist meine Neurose. Ich mache das wirklich nicht freiwillig. An pathologischer Schreibwut leide ich etwa seit meinem neunten Lebensjahr. Heute bin ich 24. Sie äußert sich in der übermäßigen Produktion von Texten, dabei reagiere ich sensibel auf gute Geschichten. Schreiben ist mein Plüsch–Airbag gegen Schleudertraumata im täglichen Gedankenkarussell, Weckglas für klebrig-süße Memoirenmarmelade und die doppelte Aspirin am Morgen nach einem exzessiven Empfindungsrausch. Ich habe eine Schwäche für Präpositionen mit Genitiv, Schachtelsätze und Ironie. In die Redaktion komme ich nur, weil es da umsonst Tee gibt.