Prominente müssen der Presse ständig Tausende Fragen beantworten. Die Jugendredaktion dreht den Spieß um: Wir geben den Prominenten Antworten – auf alle Fragen dieser Welt.
Kerstin Gier fragt: „300 000 Klicks – was genau ist an Videos, in denen jemand eine Tüte mit Drogeriemarkt-Einkäufen auspackt, so spannend?“
Die Jugendredaktion antwortet: Liebe Kerstin, genauso könnte ich fragen, warum wir die Fernsehwerbezeit nicht nutzen, um schnell ein paar Teller abzuwaschen, und Spaß daran haben, die Rewe-Werbung durchzublättern. Die sogenannten Haul-Videos auf Youtube funktionieren ähnlich. Sie bedienen ein inneres Bedürfnis: zu konsumieren ohne Geld auszugeben. Wir wissen, was wir theoretisch kaufen könnten, tun es aber nicht. „Haul“ bedeutet zu Deutsch „Beute“. Die Youtuber jagen Kosmetik, Fertigsuppen, Schmuck, Computerspiele und Bettwäsche. Und es macht Spaß, sie bei der Jagd zu beobachten. Noch vor ein paar Jahren dienten Hauls dazu, neue Produkte vor der Kamera auszuprobieren und mit Konkurrenzangeboten zu vergleichen. Lippenstift wurde auf seine Haltbarkeit hin getestet oder das erste Kapitel eines Buchs quergelesen. Seit große Firmen Youtube als Werbeplattform entdeckt haben, werden vor allem Artikel in die Kamera gehalten, die auf dem Markt boomen sollen. In unserer Gesellschaft gibt es wenig umsonst, und nur gut beworbene Produkte werfen Gewinne ab. Durch diese Kommerzialisierung werden auch die Hauls fragwürdiger. Das ist insbesondere deswegen problematisch, weil Youtuber mittlerweile Vorbilder für Kinder und Jugendliche sind. Wir glauben ihnen alles und feiern sie wie Popstars. Was sie haben, wollen wir auch – um ihnen nah und so ähnlich wie möglich zu sein. Es geht also weniger darum, dass diese Videos spannend sind. Eine Hälfte der Klicks stammt von den Fans der Youtuber, die andere von Leuten wie mir. Wir schauen Hauls, weil sie witzig sind. Zu sehen, wie jemand ein Dutzend Drogerieprodukte aus einer bedruckten Tüte kippt und sich dabei über den neuen Nagellack genauso freut wie über den veganen Brotaufstrich, ist einfach unterhaltsam. Voyeurismus? Ja, ein Stück weit.
Deine Aniko Schusterius, 19 Jahre