Ärger mit dem Lehrer für „Fridays for Future“

Für die „Fridays for Future“-Proteste legte sich Lisa mit ihrem Lehrer und der Schulordnung an.

Von Lisa Berdunova, 17 Jahre

Ich war nicht bei jeder „Fridays for Future“-Demonstration. Schließlich waren die Noten so kurz vor dem Abschluss der 10. Klasse nicht egal. Ein Freitag, an dem ich in der Schule blieb, hat sich besonders in mein Gedächtnis eingebrannt.

„Denkt ihr wirklich, ihr erreicht irgendwas damit?“

Berliner Lehrer

Die halbe Klasse war weg. Unser Fachlehrer kam herein, sah sich wenig begeistert um, setzte sich und teilte uns Verbliebenen seine Meinung mit. In diesen zehn oder 15 oder 20 Minuten saßen wir dort in Schweigen gehüllt, gespannt, bedrückt und doch gar nicht überrascht. „Also, letzte Woche konnte ich es noch verstehen, als die Kleene da war, aber jetzt? Denkt ihr wirklich, ihr erreicht irgendwas damit? Denkt ihr, die Politiker werden euch zuhören?“ Man spürte seine Macht, zugleich seine Ohnmacht, zugleich aber etwas noch Merkwürdigeres: unseren Protest, der sich zum ersten Mal echt anfühlte, und eine Bewegung, die sich nicht mehr ignorieren ließ. Der Lehrer trug für die Fehlenden Sechsen ein. Wir hörten nicht auf zu streiken.

Ich ging so oft, dass ich Sorge haben musste, sitzen zu bleiben. Denn in der Schulordnung steht: Eine Zeugnisnote kann nur dann gebildet werden, wenn man je Halbjahr mindestens sechs Wochen kontinuierlich oder mindestens acht Wochen am Unterricht teilgenommen hat. Besonders unpraktisch ist das natürlich, wenn man Musik nur ein Halbjahr lang hat und das Fach in den letzten beiden Stunden am Freitag unterrichtet wird.

Bestanden dank des gnädigen Musiklehrers

Oh, hat das Unruhe ausgelöst, als wir es einen Tag vor der internationalen Klimademo und – Zufall! – unserer letzten Musikstunde erfuhren. In der Hektik des Freitagmorgens hörten wir von einem Lehrer dies, von anderen das. In Verwirrung, Sorge und heftiger Diskussion miteinander traten wir aus der Schule hinaus und in die U-Bahn hinein.

Der Streik war der größte, den wir bisher erlebt hatten. Meine Gruppe holte ihr Musikprojekt – einen selbst gedrehten Film, der mit einem Soundtrack unterlegt werden sollte – dort nach und schaffte etwas, das in ein paar Jahrzehnten entweder Kitsch oder Geschichte sein wird. Am Ende schienen wir es unserer gnädigen Musiklehrerin zu verdanken, die zehnte Klasse doch geschafft zu haben.

Als unser Fachlehrer uns damals seine Meinung geigte, sagte er etwas, das mich immer noch zum Grinsen bringt: „Wie lange wollt ihr das noch machen? Jahre?“

Hier findet ihr unsere Playlist zum Klimawandel.

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