Das Projekt „Raputation“ will Jugendliche für Politik interessieren – mit Hip-Hop
Von Marie-Thérèse Harasim, 23 Jahre
Jugendredakteur Bill Schneider kommentierte vor einer Woche auf dieser Seite eine Studie des Deutschen Kinderhilfswerks, nach der rund 35 Prozent der 10- bis 17-Jährigen kein Interesse an politischem Engagement haben. Um Entwicklungen wie dieser entgegenzuwirken, hat die Medieninitiative „Du hast die Macht“, deren Ziel es ist, bei Jugendlichen Interesse an Politik zu wecken, das Projekt „Raputation“ gestartet. In einer Online-Castingshow suchten eine Fachjury, bestehend aus Moderatorin Hadnet Tesfai und dem Rapper Fard, Gastjuroren und die Redaktion von „Du hast die Macht“ den besten politischen Rapper Deutschlands. Insgesamt bewarben sich 250 Jugendliche im Alter von 14 bis 24 Jahren. Die zehn Besten von ihnen wurden für die Teilnahme ausgewählt. In drei Runden wurden die Top Fünf, Top Drei und schließlich der Gewinner ermittelt. Die jeweils verbleibenden Kandidaten mussten zu einem von der Jury ausgesuchten Thema in fünf Tagen einen Rap-Song schreiben und dazu ein Video produzieren. Am Ende konnte sich der Kreuzberger Drob Dynamic in den Kategorien Flow, Performance und Message durchsetzen.
Dass die deutsche Hip-Hop-Szene nicht nur Bushido-Diss und Battle-Rap ist, zeigte sich am letzten Donnerstag im März: Gemeinsam trat die Top Ten im Club Bi Nuu am Schlesischen Tor auf, um jeweils zu zweit ihre Lieblingssongs des Contests zu performen. Außerdem traten als Gäste die Hip-Hopper Sokee, Liquit Walker und Amewu auf, begleitet wurde die Veranstaltung von der Moderatorin Visa Vie.
Überraschend war an diesem Abend nicht nur die Bandbreite an politischen Themen, die die Jugendlichen anspricht. So ging es in dem Song des drittplatzierten Marabu um die europäische Flüchtlingspolitik, während sich Gewinner Drob Dynamic mit lokalen Problemen wie fehlenden Investitionen in Jugend und Bildung und der zunehmenden Gentrifizierung in Berlin beschäftigte.
Auch die Vertrautheit, mit der die Rap-Talente im Backstagebereich miteinander umgingen, hatte erfrischend wenig von Rap-Fehden à la East Coast gegen West Coast. Obwohl sich viele Teilnehmer nie zuvor persönlich begegnet waren, kannten sie einander aus ihren Musikvideos. Fast alle konnten die Texte ihrer Konkurrenten mitrappen. Vielleicht lag das auch daran, dass sie zwar über unterschiedliche Dinge rappen, aber alle mit demselben Ziel: Gleichaltrige für Politik zu interessieren. Das Selbstvertrauen, das man auf der Bühne braucht, haben sie bereits: Ob er glaube, mit Rap die Welt verändern zu können, fragte Moderatorin Visa Vie den Top-Ten-Kandidaten Matondo nach seinem Auftritt im Bi Nuu. Seine Antwort: „Auf jeden Fall.“
Weitere Informationen: www.raputation-casting.tv