Vor gut einer Woche sind 47 unbegleitete Kinder und Jugendliche aus den Flüchtlingslagern der griechischen Inseln nach Deutschland gebracht worden. Aber wie geht es nun eigentlich mit ihnen weiter?
Von Moritz Tripp
Vor 10 Tagen sind 42 Kinder und 5 Jugendliche, die zuvor ohne Begleitung von Erwachsenen in Flüchtlingslagern auf den griechischen Inseln Lesbos, Samos und Chios ausharrten, in Deutschland angekommen. Die Geflüchteten wurden per Flugzeug von Athen nach Hannover gebracht. Vor der Reise wurden alle auf eine mögliche Covid-19-Erkrankung getestet.
Die Bundesregierung hat vor geraumer Zeit zugesagt, geflüchtete Kinder ohne Begleitung von den ägäischen Inseln aufzunehmen, um sie aus den katastrophalen Zuständen in den dortigen Flüchtlingslagern zu befreien. Dem Versprechen schlossen sich neun weitere EU-Länder an, darunter Frankreich, Portugal und Irland. Aus dieser „Koalition der Willigen“ hat neben Deutschland bisher einzig Luxemburg zwölf geflüchtete Kinder von den Inseln geholt. Grund für dieses geringe Engagement ist unter anderem die Corona-Krise, deren Bewältigung derzeit in allen Ländern oberste Priorität hat. In Deutschland möchte man nun ein Zeichen dafür setzen, dass humanitäre Flüchtlingshilfe auch in Zeiten von Corona möglich ist. Dennoch wurde die Regierung von Medien, Opposition und Hilfsorganisationen kritisiert; die Aufnahme von lediglich 47 Menschen sei eine „reine Alibi-Veranstaltung“, bemängelte etwa das Kinderhilfswerk terre des hommes. Für heftige Kritik sorgte auch, dass zur gleichen Zeit unzählige osteuropäische Erntehelfer eingeflogen werden, um die deutsche Spargelernte zu retten. Im Innenministerium hingegen zeigt man sich erfreut: Bundesinnenminister Seehofer ließ verlauten, man setze mit der Aufnahme der Minderjährigen ein „konkretes Zeichen europäischer Solidarität“. Er gehe davon aus, dass „unsere europäischen Partner damit beginnen, ihre Zusagen nun ebenfalls sobald wie möglich umzusetzen“.
Was passiert nun mit den Kindern und Jugendlichen?
Die neu aufgenommenen Geflüchteten sollen nur der Anfang sein. Insgesamt sollen mindestens 350 Minderjährige im Rahmen der Aktion nach Deutschland kommen. Doch was geschieht hier mit ihnen? Diejenigen, die nun bereits im Land sind, befinden sich derzeit in Quarantäne im Landkreis Osnabrück. Für „mindestens zwei Wochen“, also bis frühestens kommenden Samstag, sollen sie in Niedersachsen verweilen, um „Kraft zu tanken und natürlich medizinisch durchgecheckt zu werden“, so der niedersächsische Innenminister Boris Pistorius. Nachdem eine eingeschleppte Covid-19-Infektion ausgeschlossen ist, sollen sie innerhalb des gesamten Bundesgebiets untergebracht werden. Dabei sollen besonders aufnahmebereite Städte wie die Mitglieder der „Städte sicherer Häfen“ berücksichtigt werden. Das Bündnis aus derzeit 13 Städten, zu dem auch Berlin gehört, fordert schon seit längerem ein verstärktes Engagement der Regierung in der humanitären Flüchtlingshilfe.
Den 47 Neuankömmlingen winken nun erst einmal wesentlich bessere Lebensverhältnisse: Eine Unterkunft, ein eigenes Bett und sauberes Wasser sowie Zugang zu guter medizinischer Versorgung. Währenddessen befinden sich noch mehr als 40.000 Menschen unter desaströsen Umständen in den Lagern auf den griechischen Inseln. Die Frage, wann das nächste Flugzeug aus Athen in Deutschland landen wird, bleibt offen.