Schüler mit Plakaten, die an der Fridays-For-Future-Demo teilnehmen.
Seit Monaten gehen freitags Schüler auf die Straßen und kämpfen um die Umwelt.
Interview

„Wir haben die Chance, etwas Großes zu schaffen“

Robin Prinz ist einer der vielen Koordinatoren der „Fridays For Future“-Bewegung. Im Interview erzählt er, wie es hinter den Kulissen läuft.

Greta machte es vor, Deutschland zieht nach. Jeden Freitag gehen deutschlandweit Tausende Schüler auf die Straße statt zur Schule, um für den Klimaschutz zu demonstrieren. Wer glaubt, dass mit ein wenig Plakateschwenken und dem Rufen von Provokationen die Arbeit der Aktiven erledigt ist, hat weit gefehlt. Aktuell baut sich bundesweit ein Netzwerk auf, das erfahrene Aktivisten und Politiker mit den Ohren schlackern lässt. Was dahintersteckt, hat uns Robin Prinz (20), einer der Koordinatoren von „Fridays For Future“, verraten.

Wie können wir uns die Organisation vorstellen?
Basis unserer Bewegung sind die vielen Ortgruppen in jeder Stadt. Sie treffen sich wöchentlich und planen zum Beispiel die Demos. Dann kann man sich in themenspezifischen Arbeitsgruppen engagieren. Alles läuft online. Ich bin einer von mehreren Koordinatoren unserer Grundsatz-AG, in der jeder immer willkommen ist. Um den Input zusammenzutragen, gibt es jeden Sonntag eine Deligiertenkonferenz, das quasi „höchste Gremium“ von „Fridays for Future“ (FFF). Sie bildet sich aus Vertretern der Ortsgruppen und Mitgliedern der Arbeitsgruppen. Diese Deligierten sind demokratisch gewählt und vermitteln die Informationen zwischen Bundesorganisation und den Ortgruppen. Damit das alles transparent und nachvollziehbar ist, wird aber auch fleißig Protokoll geschrieben. Wichtig ist, dass jeder einzelne Aktive mitentscheiden kann. Bei großen Beschlüssen müssen 80 Prozent aller Aktiven dafür gestimmt haben.

Ich bin allein für meinen Bereich in 26 WhatsApp-Gruppen permanent am schreiben und antworten. Wenn ich morgens wach werde, habe ich schon mal 450 ungelesene Nachrichten.

Robin Prinz engagiert sich ehrenamtlich für „Fridays For Future“.

Was bedeutet das für den Einzelnen?
Viel Zeit zu investieren. Die Organisation läuft vor allem über WhatsApp und Telefonkonferenzen. Ich bin allein für meinen Bereich in 26 WhatsApp-Gruppen permanent am schreiben und antworten. Ortsgruppen, Fachgruppen, Bundeskoordination. Wenn ich morgens wach werde, habe ich schon mal 450 ungelesene Nachrichten. Telefonkonferenzen können dann auch mal acht Stunden dauern. Das bedeutet, fünf bis sechs Stunden am Tag allein am Handy zu sein. Dann kommen Treffen oder inhaltliche Ausarbeitungen dazu.

Worüber soll man denn so viel schreiben können?
Für unser Forderungspapier standen wir im Daueraustausch mit Wissenschaftlern. Dann gibt es Kooperations- und Presseanfragen, Mails von Personen aus der Öffentlichkeit, die uns Tipps und Tricks verraten oder uns auf mögliche zukünftige Probleme hinweisen. Die vielen For-Future-Gruppen von Gründern, Eltern und Co., die uns unterstützen. Und dann die internen Anfragen. Um die Meinung der Mehrheit zu vertreten, müssen wir viel Feedback geben. Wir bekommen auch einfach Nachrichten von Jugendlichen, die ihre Eltern von Ökostrom überzeugt haben.

Das klingt nach einem Neben-Hauptjob. Wie bekommst du Studium und FFF unter einen Hut?
Während der Uni bin ich parallel immer online. Eigentlich immer. Du telefonierst und schreibst Hausarbeiten, kochst und sitzt gleichzeitig mit Freunden zusammen. Die vielen kleinen Dinge machen es aus, aber auf Dauer geht das an die körperliche Substanz. Es herrscht aber kein Leistungsdruck.

Kurz und knackig: Worauf arbeitet ihr hin?
Wir bringen gezielte Forderungen auf den Weg, die die Politiker zum Handeln bringen sollen. Nett, dass sie sagen, es sei fünf vor zwölf. Das war vielleicht 1978 der Fall. Uns bleibt weniger Zeit. Wir wachsen gerade erst und ziehen’s durch.

Und Luisa Neubauer hat als „deutsche Greta“ dabei die Führungsrolle übernommen?
Das hätten die Medien gern so. Luisa bringt viel Erfahrung mit und liefert sehr wichtigen Input. Wir wollen aber gezielt keinen Personenkult schaffen. Doch wenn wir dann Interviewanfragen bekommen und einen der vielen anderen Aktiven schicken, gibt es schon mal eine Absage, weil Journalisten lieber mit Luisa sprechen wollen.

Schau dir an, wie weit wir es geschafft haben! Würde ich eine Partei gründen, dann wüsste ich nun, mit wem ich das anstelle.

Robin Prinz denkt schon weiter.

Und wie lässt sich der Aufwand finanzieren?
Das ist reines Engagement. Böse Zungen behaupten, dass wir durch die Grünen gesponsert werden, aber das ist nicht wahr. Über GoFundMe sammeln wir Gelder, die allerdings ausschließlich für Bühnen, Druckmaterial oder Reisekosten für die Demonstrationen genutzt werden. Und bevor die Frage kommt: Ja, das ist es alles wert. Weil wir hier die Chance haben, etwas Großes zu schaffen.

Was ihr aus eigener Kraft auf die Beine stellt, klingt schon nach einer Mini-Partei.
Das wäre doch großartig! Die Personen, mit denen du jetzt zusammenarbeitest, sind aus der gleichen Motivation heraus Feuer und Flamme für dasselbe Ziel. Du lernst, auf wen du dich verlassen kannst. Und schau dir an, wie weit wir es geschafft haben! Würde ich eine Partei gründen, dann wüsste ich nun, mit wem ich das anstelle.

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Kategorien Mitmischen Politik Umwelt

Statt Netflix verfolge ich Konzerte. Ich (20 Jahre) brauche keine Sojamilch, sondern guten Kaffee. Mein Yoga ist es, auf viel zu vielen Hochzeiten gleichzeitig zu tanzen. Dabei ist der Eisbär mein Patronus, den meine Eltern mir mit sieben Jahren einfach nicht als Haustier erlaubten. Aber wenn eine Idee von der Außenwelt für verrückt erklärt wird, dann muss sie erst recht verwirklicht werden, und eben jene Personen mit Mut und außergewöhnlichen Gedanken sind es, von denen die Welt wissen sollte. Was kann ich da sinnvolleres tun, als für Spreewild zu schreiben? Die Verhandlungen um den Eisbären laufen jedenfalls weiter.