Das denken Erstwähler aus Berlin über Politiker und die Wahl

Von den vielen Wählern in ganz Berlin, die am 18. September zum ersten Mal abstimmen dürfen, schreiben auch einige für die Jugend­redaktion. Sie erzählen, wie sie sich informieren und ob sie sich von den Parteien angesprochen fühlen.

Wenn ich nach­mittags aus der Schule komme, hängen an den Laternen Wahl­plakate, die versprechen, unser Schulsystem zu verbessern. Wenn ich auf beliebten Radwegen fahre, wird für die Verbesserung der Straßen geworben. Meistens bin ich nur beeindruckt, dass die Wahl­plakate so ziel­orientiert auf­gehängt werden, den Versprechungen messe ich eher weniger Bedeutung bei. Früher konnte ich nicht erkennen, dass Politik irgend­einen Bezug zu Jugendlichen hatte. Ich glaube, dass Politiker die Jugend zwar mittlerweile als interessante Zielgruppe wahrnehmen und viele Entscheidungen auch in unserem Sinne treffen. Doch viel wichtiger, als dass die Politik sich für uns interessiert, ist, dass wir uns für die Politik interessieren. Alma Dewerny, 18 Jahre

Ob mich eine der Parteien anspricht? Nein. Der Versuch, durch die Legalisierung von Gras an junge Wähler ranzukommen, ist für mich billig, und weil ich nicht kiffe, ist mir das im End­effekt auch egal. Die Werbe­plakate mit den aus­drucks­losen Gesichtern alternder Politiker sind die Krönung. Ich wusste mir nur durch den Wahl-O-Mat bei meiner Wahlentscheidung zu helfen. Doch auch dessen Ergebnis hat mir nicht wirklich geholfen. Keine Frage sprach mich als Teenager/Millenium/Erstwähler an. Politik ist zu „erwachsen“ und inte­ressiert sich nicht für die, die es noch nicht sind. In meinem Leben sind keine Politiker präsent, in meinem Schul­alltag wird nicht über Politik geredet, und das sollte sich ändern. Statt nur Formeln zu lernen, würde ich lieber über die Zukunft reden. Damit nicht eines Tages die Alten die Jungen über­stimmen, wie es beim Brexit in Eng­land geschehen ist. Anastasia Barner, 18 Jahre

Bevor ich vor wenigen Wochen meine erste Wahl­benachrichtigung im Briefkasten fand, ging das Thema Berlin-Wahl an mir vorbei. Anders als die Wahlen in den USA, die selbst in Deutschland viel Aufmerksamkeit erregen. Möglicherweise liegt das auch daran, dass es dort nur zwei sehr gegensätzliche Parteien gibt. Für wenig politik­affine Menschen wie mich wäre das eine Erleichterung. Andererseits: Mehr Konkurrenz belebt das Geschäft. Aller­dings sehe ich trotzdem nicht, dass die Politik sich für uns, die Jugend, interessiert. Deshalb regt es mich auch nicht auf, wenn Leute in meinem Freundeskreis nicht wählen. Ich selbst mache aber meine Kreuze. Michael Alemu, 19 Jahre

Endlich steht mir Mitsprachrecht in unserer Demokratie zu, wenn auch nur ein bisschen. Ich sehe mein Wahlrecht als sehr wichtigen Aspekt meines Daseins. Aber als der Wahlbescheid ankam, wurde mir klar, dass ich nun in die Welt der Bürokratie eintauchen darf. Ich wurde aus dem Brief nicht schlau darüber, was ich wählen darf und ob sich das von dem unterscheidet, was meine Eltern wählen dürfen. Ich wäre gerne besser darüber aufgeklärt, wie alles da oben in der Politik so funktioniert. Ich habe das Gefühl, die Parteien, die gewählt werden wollen, haben schlecht bis gar nicht um meine Stimme geworben. Noch keine Werbung hat mich als Jugendliche angesprochen. Natürlich wurde schon viel in meinem Freundeskreis gesprochen und spekuliert.  Und bis jetzt hat mir nur einer meiner Freunde erzählt, dass er schon genau weiß, wen er wählen wird. Wahrscheinlich wissen das einfach nur die, die eine eher verfestigte politische Meinung haben. Und wie sinnvoll wäre es, wenn genau diese Jugendlichen sich zusammen tun würden und eine eigene, eine junge, moderne Partei gründen würden. Ich kenne nicht wenig politisch engagierte Jugendliche, die keiner Partei zustimmen, die die AfD weg vom Fenster haben wollen und alleine etwas starten könnten. Für mich braucht es etwas neues, etwas, das uns schon einer vorgemacht hat. In Friedrichshain-Kreuzberg, Mitte und Treptow kann man nun die Partei der Wähler wählen. Würde ich doch nur nicht in Prenzlauer Berg wohnen, denn bis dorthin ist die Partei der Wähler noch nicht gekommen. Marlene Mähler, 17 Jahre

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Kategorien Mitmischen Politik Schulpolitik Welt

Abitur: check. Schreiben für die coolste Jugendseite seitdem ich 14 bin: check. Weltherrschaft: in Arbeit. Wie genau ich das anstelle, weiß ich noch nicht. Ich, 19, bin noch in der Findungsphase. Ich habe bereits Praktika bei Mode- und Lifestyle-Magazinen absolviert und in vielen Filmen und Serien mitgespielt. Ansonsten reise und singe ich viel, verschlinge drei Bücher pro Woche und schreibe in jeder freien Minute. Wohin mich all das bringt, weiß ich noch nicht. Aber sobald ich es weiß, schreibe ich einen Artikel darüber.