Foto: Marlene Mähler

„Es freut mich, dass schon viele Freundschaften entstanden sind“

Die Schulsprecherin Nomi Jacobi hat ein Tandem für minderjährige, unbegleitete Flüchtlinge ins Leben gerufen

Für die Integration wäre es doch sicher förderlich, wenn junge Flüchtlinge Kontakt zu gleichaltrigen Berlinern hätten, dachte sich die 17-jährige Nomi Jacobi – und initiierte ein entsprechendes Tandem.

Nomi Jacobi geht in die 12. Klasse des Heinrich-Schliemann-Gymnasiums. Foto: MARLENE MÄHLER
Nomi Jacobi geht in die 12. Klasse des Heinrich-Schliemann-Gymnasiums. Foto: Marlene Mähler

Unbegleiteter, minderjähriger Flüchtling – was bedeutet das genau?
Diese Jugendlichen sind ohne ihre Familie, also auch ohne Erziehungsberechtigte, nach Deutschland gekommen. Sie stehen unter dem internationalen Minderjährigenschutz, haben also die gleichen Rechte wie alle Minderjährigen in Deutschland. Ihnen steht beispielsweise ein Vormund zu, der Rechtliches für sie regelt. Außerdem haben sie ein Recht auf Bildung und auf eine angemessene Unterbringung.

Was verbirgt sich hinter deinem Freizeit-Tandem?
Ich habe mich gefragt, wie ich Kontakt zwischen Jugendlichen aus Berlin und nach Berlin geflüchteten Jugendlichen herstellen kann. Über meine Mutter hatte ich Kontakt zum Paul-Gerhardt-Werk, in dem momentan 145 minderjährige Flüchtlinge in Wohngruppen leben. Meine Idee war es, einen Austausch zwischen ihnen und Schülern meiner Schule zu initiieren. Jeder sollte einen Partner bekommen, mit dem er sich regelmäßig trifft. Es gab aber so viele Interessenten, dass keine Zuteilung möglich war. Also haben wir daraus ein Freizeit-Tandem gemacht, bei dem sich jeder mit jedem austauschen kann.

Was macht ihr bei den Treffen?
Anfangs haben wir Kennenlernspiele gespielt, um Namen und Interessen zu erfahren. Später sind wir ins Kino gegangen oder waren Schlittschuh laufen. Wir essen zusammen, hören unsere Lieblingsmusik und tanzen dazu. Ansonsten gibt es auch kleinere Treffen, die die Jugendlichen selbst organisieren, zum Beispiel zusammen zu einem Basketballspiel gehen.

Vor Kurzem hast du sogar einen Förderpreis der Kreuzberger Kinderstiftung erhalten. Glückwunsch!
Danke. Das ist wirklich toll, weil uns die finanzielle Unterstützung ermöglicht, viele Aktivitäten zu unternehmen. Ich freue mich aber auch zu sehen, dass die Flüchtlinge sich trauen, auf Deutsch vor den Berliner Schülern zu sprechen und dass sich Freundschaften gebildet haben. Ein großer Erfolg für mich ist auch, dass einer der Jugendlichen vom Paul-Gerhardt-Werk jetzt auf unsere Schule geht, in eine 10. Klasse. Und natürlich, dass ich viele Leute dazu bringen konnte, sich für ihre Mitmenschen zu interessieren, sich zu engagieren und Kontakte zu knüpfen.

Was rätst du anderen Jugendlichen, die sich engagieren möchten?
Weil es wenige staatliche Integrationsmöglichkeiten gibt, rate ich allen sich zu trauen, ihre Ideen umzusetzen. Denkt nicht zu perfektionistisch und macht es euch nicht zu kompliziert. Motiviert andere, denn jeder kleine Schritt kann etwas bewirken. Das habe ich bei diesem Projekt gelernt. Überlegt, wie ihr selbst behandelt werden möchtet, was ihr euch wünschen würdet, wenn ihr ganz allein in einem fremden Land ankommt – mit so viel Druck durch Politik und Gesellschaft.

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Vor 18 Jahren wurde ich in Berlin geboren und wusele seitdem dort durch die Gegend, immer offen für interessante Begegnungen und skurrile Situationen, auf der Suche nach mir selbst oder der, die ich sein möchte. Mich interessieren Musik, Theater, Politik, Natur und vor allem Menschen. Weil ich gern über alles nachdenke, schreibe ich auch gern. Denn – wenn ich all das, was ich denke, aufschreibe, bekomme ich Klarheit in meinen Geist und schöpfe Energie. Ich habe den Drang mich mit so vielen Themen wie möglich auseinanderzusetzen, gleichzeitig möchte ich andere Berliner*innen zum Nach- und Weiterdenken anregen. Beides vereine ich seit 3 Jahren in der Jugendredaktion.