Viele der Besetzer vom Oranienplatz waren junge Männer. Was ist nach der Räumung aus Ihnen geworden? Wir haben zwei von ihnen getroffen
Von Julia Womser, 25 Jahre
Zelte gibt es keine mehr auf dem Oranienplatz. Wer hier einmal untergebracht war, ist mittlerweile längst woanders. Möglicherweise gar nicht mehr in Berlin. Gut zwei Jahre lang war der Platz Bühne eines Protests von insbesondere jungen Flüchtlingen gegen das Asylrecht. Im April vergangenen Jahres wurde das Gelände geräumt. Will man heute die ehemaligen Besetzer finden, muss man schon eine Weile suchen.
David* ist einer von ihnen. Drei Monate war der 22-jährige Malier auf dem Oranienplatz, hat selbst bei Kälte in einem der Zelte übernachtet. Er erinnert sich noch gut an die Zeit und an den Zusammenhalt der Flüchtlinge. Ihr Geld haben sie immer zusammengetan, um für alle Essen zu kaufen. Nach der Räumung lebten einige von ihnen in der Gerhart-Hauptmann-Schule in der Kreuzberger Ohlauer Straße, auch David. Doch auch dort waren sie nur geduldet.
Dann kamen die endlosen Behördengänge. David wurde gefragt, woher er kommt, warum er sein Heimatland verlassen hat und nach Deutschland kam. Papiere hat er bis heute nicht, und ohne kann er weder arbeiten noch studieren.
Simon* kommt aus dem Sudan, einem der ärmsten Länder der Welt. Er ist 25 Jahre alt und seit 2012 in Deutschland. Seine Stimme wird ernst, als er über die aktuelle Situation der Flüchtlinge spricht. Gegenüber den Neuankommenden fühlt er sich ungerecht behandelt. Er, der schon länger hier ist, würde durch das Raster fallen, ignoriert werden, sei ein „falscher Flüchtling“, wie er es ausdrückt. Die jüngsten Änderungen im Asylrecht, die schnellere Abschiebungen ermöglichen, würden ihn und seine Freunde benachteiligen.
Als er auf den Zusammenhalt der Flüchtlinge nach dem Protest am Oranienplatz zu sprechen kommt, bessert sich seine Stimmung. Mit einigen lebt er zurzeit in einem leer stehenden Verwaltungsgebäude auf einem Friedhof in Kreuzberg. Ehrenamtliche aus der Gemeinde bringen ihm Deutsch bei. Wie die Zukunft aussieht? Das sei wirklich äußerst schwer abzusehen.
- Die Namen wurden von der Redaktion geändert.