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„Niemand soll verloren gehen“

Um die Jugendarbeitslosigkeit zu senken, sind in vier Bezirken Berufsagenturen für junge Erwachsene eröffnet worden.

Das Gebäude ist unauffällig und grau. Doch seit wenigen Tagen gehen mehr Jugendliche und junge Erwachsene durch die Eingangstür der Kreuzberger Charlottenstraße 87 als je zuvor. Der Grund: eine neue Einrichtung, die Jugendberufsagentur, kurz JBA. In vier Bezirken sind gerade Standorte der Agentur eröffnet worden, neben Friedrichshain-Kreuzberg auch in Tempelhof-Schöne­berg, Marzahn-Hellersdorf und Spandau. In den übrigen acht Bezirken sollen bis Ende nächsten Jahres ebenfalls JBAs öffnen.

Im Sommer hat mehr als jeder ­zehnte Berliner Sekundarschüler die Schule ohne Abschluss verlassen. Damit stieg die Quote der Schüler ohne mittleren Schulabschluss oder Berufsbildungsreife auf elf Prozent. Im September 2015 waren in Berlin 14 455 Personen zwischen 15 und 25 Jahren arbeitslos gemeldet, mehr als 70 Prozent von ihnen haben keinen Berufsabschluss. „Wir haben einfach zu viele Jugendliche an der Schwelle Schule – Beruf verloren“, beklagt Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) bei der Eröffnung. Dem entgegenzuwirken sowie die Zahl der Ausbildungsabbrecher zu senden, ist erklärtes Ziel der JBAs. Angesprochen werden sollen in erster Linie junge Erwachsene unter 25 Jahren ohne Berufsabschluss. In den zen­tra­len Anlaufstellen sollen sie jegliche Unterstützung bekommen, die ihnen beruflich weiterhelfen könnte.

Zahlreiche Politiker hatten sich versammelt, um die ersten Jugendberufsagenturen in Berlin feierlich einzuweihen. Foto: Chris Landmann
Zahlreiche Politiker hatten sich versammelt, um die ersten Jugendberufsagenturen in Berlin feierlich einzuweihen. Foto: Chris Landmann

Bundesweit existieren bereits ähnliche Agenturen, etwa in Mainz, Bremen und Hamburg. Das Besondere am Berliner Modell ist die enge Zusammenarbeit der verschiedenen Träger. Agentur für Arbeit, Jobcenter und Jugendhilfe haben sich zusammengetan. Sie arbeiten in jeder Einrichtung Hand in Hand. Bisher war das nicht der Fall. Doch künftig soll „niemand mehr verloren gehen“, sagt Angelika Schöttler (SPD), ­Bezirks­bürgermeisterin von Tempelhof-Schöneberg. Ziel der Koopera­tion ist es, die Schülerinnen und Schüler direkt von der Schule in die Ausbildung zu führen und damit die Zeitspanne zwischen beiden Abschnitten zu verringern. Aktuell brauchen Jugendliche mitunter bis zu fünf Jahre, um eine Beschäftigung oder Ausbildungsstelle zu finden.

Jeder bringt eigenes Know-how ein: Die Agentur für Arbeit und das Jobcenter bieten Hilfe bei der Berufsorientierung und vermitteln Aus­bildungs- und Studienplätze. Unterstützung in sozialen Fragen finden die jungen Erwachsenen bei der Jugendhilfe, etwa Angebote für minderjährige Eltern oder Hilfe bei der beruflichen Eingliederung. Auch Leistungen der Jugendberufshilfe und der Jugend­ämter werden vermittelt. In Tempelhof-Schöneberg beispiels­weise zieht dafür das bereits existierende Beratungszentrum Check-Up vom alten Standort in die neue JBA um. Die Bezirksämter sind ebenfalls integriert. Sie bieten etwa Erstberatung zu den Themen Schulden und Sucht. Spezielle Teams informieren zudem rund um berufliche Schulen und duale Ausbildungen. Sie stellen den Kontakt zwischen der jeweiligen JBA, den lokalen beruflichen Schulen und den Sekundarschulen her.

Zwei Jahre Planung gingen der Eröffnung der ersten vier Jugendberufsagenturen voraus. Die Hoffnungen der Politik sind groß. Industrie- und Handelskammer, Unternehmensverbände und Gewerkschaften unterstützen das Projekt. Bleibt zu ­hoffen, dass ihre Pläne aufgehen.

Julia Womser, 25 Jahre

Weitere Informationen sowie Kontaktmöglichkeiten findet ihr unter: www.jba-berlin.de

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